Sie ist eine im Sport übliche Floskel: Wir schauen nur von Spiel zu Spiel. Häufig angewendet im Fussball – nicht selten von Spielern, die kurz vor einem Titelgewinn stehen. Dabei könnten sie sagen: Wir wollen den Pokal unbedingt! Tun sie aber nicht – aus Selbstschutz, aus Angst vor Kritik oder weil es der Trainer verbietet. Auch Gut-Behrami spricht nicht von der grossen Kristallkugel.
Warum nicht? Weil sie mit 32 Jahren auf der Zielgeraden ihrer Karriere ist, im Skisport schon die verrücktesten Wendungen erlebte und – man mag es kaum glauben – tatsächlich von Rennen zu Rennen schaut. «Ich will die paar Jahre, die mir noch bleiben, geniessen», sagt sie. Genau so fährt Gut-Behrami auch: Befreit. Druck? Sie spürt ihn schon. Aber kaum eine andere meistert ihn so spielerisch. Gut-Behrami fährt für sich, vielleicht auch noch für ihre Familie, aber für niemanden sonst.
Ihre Chancen auf den Gesamtweltcupsieg sind gut. Nach der Verletzung von Mikaela Shiffrin ist sie gar Favoritin. Bereits vor acht Jahren schaffte es Gut-Behrami – auch, weil sich Lindsey Vonn verletzte. Und nun ist Shiffrin angeschlagen. Wäre ein Triumph deshalb weniger wert? Nein. Erstens kann Gut-Behrami nur jene schlagen, die da sind. Und zweitens ist die Fähigkeit, gesund und unverletzt zu bleiben, auch eine Qualität.