Marco Odermatt (26) löst mit seiner Riesen-Serie besondere Reaktionen bei den Konkurrenten und bei den Experten aus. «Ist dieser Odermatt überhaupt ein Mensch oder ist das bereits künstliche Ski-Intelligenz?», fragt sich ORF-Kommentator Oliver Polzer (51) schon den ganzen Winter. Österreichs Slalom-Held Manuel Feller (31, vier Saisonsiege, Zweiter im Gesamtweltcup) schüttelt am Samstag in Palisades Tahoe (USA) nach Odermatts zehntem Riesen-Sieg in Serie ungläubig sein kantiges Haupt und stöhnt: «Es ist ein Wahnsinn, was dieser Hund zeigt.»
Die grösste Huldigung erhält Odermatt nach seinem 21. Weltcup-Triumph im Riesenslalom aber von Deutschlands Ski-Papst Felix Neureuther (39). «Was Marco in Palisades zeigte, ist in meinen Augen die stärkste Leistung, die er jemals bei einem Weltcup-Riesenslalom gezeigt hat.»
Neureuther, der zwischen 2010 und 2017 13 Weltcupsiege holte, begründet: «Es fängt damit an, dass sich Odermatt im Gegensatz zu Kristoffersen kaum auf dieses Rennen in Kalifornien vorbereiten konnte. Während der Norweger bereits eine Woche vor diesem Wettkampf für Tests in die USA gereist ist, hat Marco im norwegischen Kvitfjell eine Abfahrt und einen Super-G bestritten. Er konnte deshalb erst drei Tage vor dem Riesenslalom nach Übersee fliegen.»
Was den Adelboden-Triumphator von 2014 aber am meisten beeindruckt: «Kristoffersen, der für mich skitechnisch der weltbeste Athlet ist, hat in Palisades zwei Riesen-Läufe abgeliefert, die voll am Limit waren. Der hat in jeder Kurve eine Knieverletzung riskiert, Henrik kann nicht schneller Riesenslalom fahren! Und trotzdem war Odermatt in der Endabrechnung noch einmal zwölf Hundertstel schneller – phänomenal!»
Siegt er auch in Aspen?
Von Kalifornien reist der Alpin-Zirkus weiter nach Colorado. Odermatt wird am Freitag und Samstag in Aspen zwei weitere Riesenslaloms bestreiten. Für den Gewinn der kleinen Riesen-Kugel genügt dem Buochser ein 16. Rang.
2017 wurde der bislang letzte Weltcup-Riesenslalom in Aspen ausgetragen. Damals belegte Neureuther hinter Marcel Hirscher (34) den zweiten Rang. «Ich bin mir ziemlich sicher, dass es auf diesem Hang im Gegensatz zu Palisades keinen Hundertstel-Krimi geben wird. In Aspen wird Odermatt mehr Passagen vorfinden, in denen er mit seiner Klasse für eine Differenz sorgen wird. Ich glaube, dass er hier mit einer Sekunde Vorsprung gewinnt», sagt Neureuther.
Unterkunft in der Traumvilla
Im Vorjahr hat Odermatt, der dreifache Gesamtweltcupsieger, in Aspen den Super-G für sich entschieden. Ein ganz besonderer Coup ist dem Superstar vom Vierwaldstättersee im US-Nobel-Skiort auch auf der Suche nach einem Quartier geglückt. «Unmittelbar nach unserer Ankunft in Aspen hat man uns in einer fürchterlichen Abbruchbude einquartiert», erinnert sich Odermatt. «Doch dann haben Gino Caviezel, Justin Murisier und ich einen Mann kennengelernt, der uns am Sonnenhang das Haus eines Schweizer Kollegen zur Verfügung stellte. Als wir dort einzogen, hat uns schier den Schlag getroffen, weil es sich bei diesem Haus um eine Villa mit drei Swimmingpools, zwei Bars, Kino und einem Fitnessraum handelte.»
Drei Tage haben die Schweizer allein in dieser Traumvilla gewohnt. Odermatt: «Dann ist der Besitzer zurückgekehrt.» Und beim Eigentümer dieser Traumvilla handelt es sich um Christian Sachs, den Sohn des legendären Gunter Sachs (1932–2011), der in Gstaad BE und St. Moritz GR gelebt hat. «Er hat zwei Kinder, die ebenfalls Skirennen fahren. Ihnen konnten wir mit Rennanzügen und Startnummern eine Freude machen.» Und deshalb werden Odermatt, Murisier und Caviezel auch in dieser Woche in der Villa Sachs residieren.