Das ganz grosse Spektakel bietet das erste Training auf der Matterhorn-Abfahrt noch nicht. Das liegt zum einen am stumpfen, sehr langsamen Schnee im oberen Streckenabschnitt. Zum anderen geht bei der ersten Probe auf der brandneuen Piste logischerweise keiner der Top-Cracks ans Limit.
Deshalb ist es mit Beat Feuz (36) ein ehemaliger Abfahrtskönig, der an diesem Tag die beste Pointe liefert. Angesprochen auf sein Ziel in seiner neuen Tätigkeit als SRF-Experte antwortet der Emmentaler mit einem spitzbübischen Grinsen: «Ich möchte diesen Job länger ausüben, als es Marc Girardelli getan hat.»
Zur Erinnerung: Der fünffache Gesamtweltcupsieger Girardelli hatte als Nachfolger von Bernhard Russi im Winter 2017/18 nach knapp drei Monaten beim SRF gekündigt. Marc Berthod übernahm das Pensum des Vorarlbergers.
«Das wäre zu gefährlich!»
In Zukunft werden sich Berthod und Feuz bei den Übertragungen der Männer-Speedrennen am Mikrofon abwechseln. Im Leutschenbach hätten es einige Entscheidungsträger gerne gesehen, wenn der Abfahrts-Olympiasieger und der zweifache Adelboden-Triumphator die Kamerafahrt bei der Weltcup-Premiere am Matterhorn in besonders spektakulärer Manier zusammen gemacht hätten. Doch da legte Feuz sein Veto ein.
Mehr zur Matterhorn-Abfahrt
Mit welcher Begründung? «Seit meinem letzten Weltcup-Einsatz in Kitzbühel habe ich nie mehr die langen Abfahrts-Latten untergeschnallt. Deshalb wäre es viel zu gefährlich gewesen, wenn ‹Bört› und ich mit über 100 km/h neben- oder hintereinander über diese Piste gerast wären.»
Somit ist die Arbeitsaufteilung für das kommende Wochenende klar: Feuz wird die beiden Abfahrten zusammen mit Stefan Hofmänner kommentieren, Berthod ist zuständig für die Kamerafahrten.
Die ersten Tests
Doch wie wird sich der dreifache Lauberhorn-Sieger und zweifache Hahnenkamm-Champion auf sein Debüt am SRF-Mikrofon vorbereiten? «Meine Vorbereitung waren die 16 Jahre, die ich auf ordentlichem Niveau diesen Sport betrieben habe», meint der 36-Jährige augenzwinkernd. Feuz muss sich also nicht stundenlang hinter den Laptop setzen, um im Internet Daten über Athleten auszugraben. «Ich kenne die meisten Rennfahrer so gut, dass ich das Wichtigste im Kopf habe.»
Im letzten Sommer hat der «Kugelblitz» mit den Kommentatoren Hofmänner und Adrian Arnet je ein Test absolviert. «Wir haben als Vorbereitung die Aufzeichnung der Abfahrten in Gröden kommentiert, was schon ganz ordentlich funktioniert hat.»
Deutliche Worte
Über die Matterhorn-Abfahrt hatte Feuz bereits nach der erstmaligen Präsentation im Sommer 2021 Klartext gesprochen. «Meines Erachtens wird es sehr schwer werden, dass man beim geplanten Rennstart im November auf fast 4000 Meter über Meer einen Tag mit konstant guten Wetterbedingungen erwischen wird. Man darf einfach nicht vergessen, dass in dieser Höhenlage selbst bei sehr schönem Wetter der Wind eine Rolle spielt. Und ein bisschen fair sollte das Rennen ja dann auch noch sein», sagte der Weltmeister von 2017 damals zu Blick.
Nun hat im Premieren-Training der Wind keinen gravierenden Einfluss genommen. Der Schangnauer hat aber ein anderes Problem. «Es liegt wirklich sehr viel stumpfer, fast schon toter Schnee auf der Piste, was die ganze Abfahrt ziemlich langsam macht.»
Dennoch ist Feuz überzeugt, dass die Schweiz bei den Rennen am Wochenende Grund zum Jubeln haben wird. «Niels Hintermann ist auf dieser Strecke extrem heiss. Und Marco Odermatt wird sich im Wettkampf wie meistens extrem steigern können.»
Im ersten Training musste sich Feuz-Tipp Hintermann lediglich dem Österreicher Ottmar Striedinger und dem Italiener Benjamin Alliod geschlagen geben. Der amtierende Weltmeister Odermatt verlor als 16. des Trainings 1,61 Sekunden.