Läuft ihr Comeback immer noch? Lindsey Vonn (40) ist zurück in Garmisch (De) und man hat den Eindruck, als wäre sie nie weggewesen. Kondi-Einheiten, Trainings, Rennen, Erholung – alles wie früher.
Neun Siege feierte sie hier bereits – den ersten im Slalom am Gudiberg vor 16 Jahren. Sollte sie auf der 15 Autominuten entfernt liegenden Kandahar-Piste gewinnen, würde sich ein besonderer Kreis schliessen. Fakt ist: Die Speed-Queen lässt nach ihrer fünfjährigen Ski-Pause nicht nur Worte, sondern auch Taten sprechen. Sechste und Vierte war sie in St. Anton (Ö).
Klar, Vonn stürzte vor einer Woche in Cortina (It) auch zweimal. «Aber ich hatte auch nicht erwartet, sofort wieder auf dem Podest zu stehen. Ich bin einfach glücklich, wieder da zu sein. Es gibt nichts, was ich lieber mache, als Ski zu fahren», sagt sie. Einen Angriff auf ihre Kritiker gabs zuletzt obendrauf. «Sie verstecken sich einfach», meinte sie am Freitag gegenüber der DPA.
Tatsächlich zeigten einige Ski-Legenden wenig Verständnis für ihr Comeback. Franz Klammer (71, Ö) sprach von einem «Vollschuss» und Markus Wasmeier (61) gar von «Verarschung». Auch Bernhard Russi (76) meinte: «Sie hat keine Chance.» Dafür entschuldigte er sich zuletzt allerdings im Blick.
«Wieso sollte sie nicht fahren?»
Für Robert Trenkwalder (76) ist klar: «Man sollte schon Respekt vor Lindsey haben.» Der Österreicher betreute Vonn bei Red Bull 15 Jahre lang, er erlebte alle ihre Höhepunkte und ihre Schwierigkeiten hautnah mit. «Dank der Operation hat Lindsey endlich keine Schmerzen mehr», spricht er ihr Knie mit Teilprothese an.
«Wieso sollte sie nicht wieder fahren? Ich habe grössten Respekt davor – aber auch vor den Comebacks von Marcel Hirscher und Lucas Pinheiro Braathen.» Die 82-fache Weltcupsiegerin sei ein Glücksfall für den Skisport. «Sie steht um 5 Uhr in der Früh auf und hört um 22 Uhr mit der Presse auf – das ist eine unfassbare Leistung.»
Trenkwalder unterscheidet drei Gruppen von Fahrerinnen
Trenkwalder findet, man müsse auch über den Tellerrand hinausschauen. «Lindsey ist zurück. Das ist doch für alle eine Win-Win-Situation. Für den Skisport ist so etwas unbezahlbar.»
Glaubt er wie Ski-Ass Justin Murisier (33), dass Vonn bei der WM in Saalbach (4. bis 16. Februar) eine Medaille holen wird? Einige trauen ihr gar die Goldmedaille zu.
Für Trenkwalder gibt es drei Gruppen von Fahrerinnen: «Jene, die immer kämpfen. Solche, die aufs Podest fahren können. Und dann gibt es noch welche, die mit dem Messer zwischen den Zähnen fahren.» Zur letzten Gruppe zählt er unter anderem Sofia Goggia (32, It) und Vonn.
Das heisst nicht, dass er mit einem WM-Titel rechnet. Im Gegenteil. «Sie braucht noch Trainings und Rennen. Ski, Schuhe, Abstimmung – das brauchst du in jedem Rennen neu.» Man merkt: Für Trenkwalder ist Vonn auch so längst eine Siegerin.