Diese Zwischenbilanz ist ein absoluter Knaller: In den ersten 14. Weltcuprennen dieses WM-Winters haben die Schweizer Männer 15 Podestplätze (sieben Siege) herausgefahren. Trotzdem sind im Team von Cheftrainer Tom Stauffer derzeit zwei potenzielle Leistungsträger unglücklich.
Die Kummerbuben heissen Ramon Zenhäusern (32) und Marc Rochat (32). Zenhäusern, der mit sechs Weltcupsiegen nach Daniel Yule der zweiterfolgreichste Slalom-Fahrer in der Swiss Ski-Geschichte ist, war in dieser Saison noch nie besser als Platz 20 (Levi). Bei den letzten Slaloms in Val-d’Isère und Alta Badia hat der Doppelmeter aus dem Oberwallis die Qualifikation für den zweiten Lauf verpasst. Noch mieser ist die Statistik vom Waadtländer Rochat, der in vier Slaloms viermal ausgeschieden ist. Dennoch erhält «la Roche» von «Zick-Zack»-Altmeister Didier Plaschy (51, zwei Weltcupsiege) mehr Kredit als Zenhäusern. «Bei Marc habe ich das Gefühl, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er zwei gute Läufe ins Ziel bringt. Ramon ist für mich derzeit aber zu weit weg.»
«Er steht zu gschtabig auf den Ski»
Plaschy war vor 15 Jahren Zenhäuserns Trainer in der damaligen Future-Gruppe von Swiss Ski und ist bis heute mit Ramons Vater Peter befreundet. Plaschys Analyse zu den jüngsten Leistungen vom Olympia-Silbermedaillengewinner von 2018 fällt jedoch schonungslos aus: «Ramon ist auf der Suche nach seinem schnellen Schwung, ich habe von ihm in diesem Winter noch keine anständige Kurve gesehen. Er steht viel zu ‹gschtabig› auf den Ski, er kann keine Symbiose liefern.»
Plaschy stuft die Chance, dass der nächste Slalom in Madonna di Campiglo (It) für den 32-Jährigen die Wende zum Guten bringen wird, als gering ein: «Auf dem Hang in Madonna hat sich Ramon selbst in der besten Phase von seiner Karriere nie in den Top 10 klassiert.» In seiner jetzigen Verfassung würde er Sulzschnee und eine eher flache Piste brauchen, um wieder so richtig in Schwung zu kommen. «Aber solche Bedingungen wird er bei diesem Slalom-Klassiker in Italien nicht vorfinden.»
Ein anderer Altmeister macht Rochat Hoffnung
Auch Marc Rochat hat sich auf diesem steilen und meistens vereisten Hang noch nie unter den ersten zehn klassiert. Aber der Lausanner hat bei seinem Ausrüster Nordica mit Manfred Mölgg (42) einen Rennchef, der auf dieser selektiven Piste siebenmal den Sprung in die Top 9 geschafft hat.
Der Südtiroler hat kurz vor Weihnachten ein längeres Gespräch mit Rochat geführt. Deshalb weiss er ganz genau, warum es beim Romand, der im Vorjahr mit vier Top-6-Klassierungen überzeugte, aktuell nicht rund läuft: «Nach den Ausfällen in Levi und Gurgl wollte Marc bei den beiden letzten Rennen unbedingt ein Ergebnis ins Ziel bringen und ist deshalb zu vorsichtig zu Werke gegangen. Und Vorsicht führt im Slalom dazu, dass das Timing nicht mehr stimmt, was oft mit einem Tor-Einfädler endet.»
Mölgg (Vize-Weltmeister 2007 im Slalom) hat in seiner Rennfahrer-Karriere eine vergleichbare Situation wie Rochat jetzt erlebt: «Ich bin zweimal aus den Top 30 der Weltcupstartliste herausgefallen. 2007 musste ich den Slalom in Adelboden mit der 58 in Angriff nehmen. Da war der Zeitpunkt gekommen, wo ich keine bremsenden Gedanken mehr im Kopf hatte, ich habe gewusst, dass jetzt nur noch etwas helfen kann: der kompromisslose Angriff.»
Und so ist Mölgg am Chuenisbärgli dann mit dieser hohen Startnummer auf den sechsten Rang gefahren. «Ein paar Wochen später habe ich in Are WM-Silber gewonnen.» Mölgg traut Rochat dieselbe Entwicklung zu: «Wenn er sich auf eine saubere Technik fokussiert, nicht zu viel herumstudiert und voll ans Limit geht, kann es für Marc wieder ganz schnell in Richtung Weltspitze gehen.»
Der erste Durchgang beim Nachtslalom in Madonna di Campiglo wird am Mittwoch um 17.45 Uhr gestartet.