Auf einen Blick
- Camille Rast mit Podest-Premiere in Gurgl – das Wallis kann endlich jubeln
- Rast überwindet Krankheit und Verletzungen und will junge Skifahrer inspirieren
- Mikaela Shiffrin feiert 99. Weltcupsieg, Wendy Holdener auch stark
Welche ist die letzte Walliserin, die es in einer klassischen Ski-Disziplin aufs Weltcup-Podest geschafft hat? Camille Rast (25) zögert. «Erika Hess?», fragt sie. Und irrt. Es war Fränzi Aufdenblatten (43) vor zehn Jahren – dazwischen gab es bei den Frauen über 180 Podesplätze, aber nie von einer Walliserin. Rast: «Das wusste ich nicht. Cool, die Walliserinnen sind zurück!»
Für Rast wird mit ihrem dritten Platz ein Traum wahr. Und sie geniesst die Momente nach ihrem bärenstarken Slalom-Ritt in Gurgl (Ö) in vollen Zügen, strahlt auf dem Podest, nimmt mehrere Schlucke Champagner. «Er hat etwas komisch geschmeckt, war aber gut», so die Frau aus Vétroz. Tatsächlich handelte es sich nicht um einen Schlumberger Sekt aus Wien. Aber das ist letztlich egal – auch Leitungswasser hätte ihr wohl so gut geschmeckt wie noch nie ein Getränk zuvor.
Kurze Zeit später surrt das Handy des Blick-Reporters, der Name Aufdenblatten blinkt auf. «Ich freue mich so sehr für Camille. Es muss so viel stimmen, damit es tatsächlich für ein Podest reicht. Das ist eine so grosse Genugtuung, wenn es einer solch tollen Skifahrerin, wie es Camille ist, aufgeht. Sie hat sich das mehr als nur verdient», so die 43-Jährige aus Zermatt.
Rast hat langen Leidensweg hinter sich
In der Tat hat Rast einen langen Weg hinter sich. Schon kurz nach ihrem Junioren-WM-Titel 2017 begann der Albtraum. Das Supertalent erkrankte am pfeifferschen Drüsenfieber, litt an Depressionen und riss sich das Kreuzband. Mit der Matura in Recht und Wirtschaft im Sack hätte sie dem Skirennsport auch den Rücken kehren können. Aber sie gab nicht auf. «Wenn ich andere junge Fahrer, denen es nicht so gut läuft oder die verletzt sind, inspirieren könnte, wäre das schön», sagt sie mit wässerigen Augen.
Die Podestplatz-Premiere der passionierten Mountainbikerin ist keine Sensation. Er hatte sich abgezeichnet. «Rast ist reif fürs Podest», hatte der Blick im Vorfeld betitelt. Zu viel Druck? Rast zeigt sich dagegen immun. Trotz minus 16 Grad am Start läuft sie schon im ersten Lauf heiss, wird Fünfte. Die steile Kirchenkar-Piste liegt ihr. Später, am Nachmittag, fährt sie gar schneller als US-Star Mikaela Shiffrin (28, USA), die ihren 99. Weltcupsieg feiert. «Ich bin stolz auf mich», sagt Rast erleichtert.
Zurück zu Aufdenblatten. Sie ist nicht nur von Rasts Exploit angetan. «Zu sehen, wie Wendy und Mélanie zur Hochform auflaufen, hat mich auch extrem gefreut.» Tatsächlich lässt Holdener mit Platz 4 den schwachen Saisonstart vergessen. «Das ist eine Befreiung», sagt sie. Und Meillard zeigt mit Rang 10 eine neue Konstanz auf hohem Niveau.