Blick enthüllt neuen Wirbel um Ski-Vermarktung
FIS lehnte 400-Millionen-Euro-Angebot ab

Skisport am Scheideweg: Trotz geringer Preisgelder und hoher Kosten lehnt die FIS ein Millionen-Angebot ab. Verpasst der Weltskiverband damit eine einmalige Chance, den Sport finanziell auf ein neues Level zu heben?
Publiziert: 07.12.2024 um 09:31 Uhr
|
Aktualisiert: 07.12.2024 um 15:48 Uhr
1/5
Traum-Offerte? CVC (Capital Partners), einer der zehn grössten Private-Equity-Unternehmen weltweit mit Sitz in Luxemburg, hat dem Weltskiverband FIS ein Angebot gemacht. Blick liegt der Brief vor.
Foto: Screenshot

Auf einen Blick

  • FIS lehnt 400-Millionen-Euro-Angebot von CVC für Vermarktung des Schneesports ab
  • CVC bietet 20 Prozent Beteiligung an kommerziellen Rechten für Investitionen in Schneesport
  • Warum verzichtet der Weltskiverband dankend?
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Sie donnern mit 130 km/h über die Piste, fliegen bis zu 100 Meter weit und drücken die Kanten ihrer Ski ins Eis (von Schnee kann selten die Rede) sein: Die Ski-Profis. Gut von ihrem Beruf leben können trotz der Verletzungsgefahr, die sie auf sich nehmen, längst nicht alle. Genau darum sagte der schwerreiche FIS-Präsident Johan Eliasch bei seinem Amtsantritt vor drei Jahren: «Das Ziel müssen Preisgelder wie im Tennis sein.» Bloss: Während der Sieger der Raubvogel-Abfahrt in Beaver Creek am Freitag gerade mal 45’000 Franken erhält, kassierte Jannick Sinner (23, It) für seinen letzten US-Open-Sieg einen Check über 3,6 Millionen US-Dollar, also das 80-fache.

Nun wird manch einer einwenden: Man darf den Skisport nicht mit Tennis vergleichen. Stimmt. Während das eine vor allem in der Schweiz und Österreich interessiert, ist das andere eine Weltsportart. Eliasch tat es dennoch. Und öffnete damit ein Fass, das er bis heute nicht zubekommen hat. Im Gegenteil: Die angestrebte Zentralisierung der Werberechte, ein für ihn entscheidender Schritt, stockt. Nationale Verbände wie die Schweiz, Österreich und Deutschland fühlen sich übergangen oder gar geprellt, weil der rabiate Brite auf den Wunsch, die Weltcups selbst zu vermarkten, pfeift.

«Dem Angebot fehlten jegliche Details»: So begründet die FIS ihre Absage

Auf Anfrage bestätigt die FIS den Briefverkehr mit CVC. Der Weltverband schreibt: «Wir konnten aber auf den Vorschlag nicht eingehen, da jegliche Details wie zum Beispiel ein Zeitplan, ein Governance-Rahmen, eine Erklärung für die dargelegte Marktbewertung oder überhaupt jegliche Angaben fehlten, was genau CVC einbringen würde.» Die FIS betont: «Die FIS hat derzeit keinen Bedarf, um zusätzliches Kapital zu beschaffen.»

Dass CVC den Werbewert des gesamten Schneesports auf rund 2 Mia. Euro schätzt, kommentiert die FIS nicht konkret, sagt aber, dass man selber den Wert deutlich höher einschätze. Ebenso schildert der Verband, dass man das CVC-Angebot nicht mit dem neuen FIS-Deal mit Vermarkter Infront vergleichen könne. Dort gehe es nicht um den Verkauf von Marketingrechten oder um neues Kapital, sondern um den zentralisierten Verkauf von internationalen Übertragungsrechte.

Und was ist mit mageren Preisgeldern, die FIS-Boss Eliasch zu erhöhen versprach? «Dafür wurden bereits Schritte unternommen. Ziel ist es, die Preisgelder für Athletinnen und Athleten auf allen Ebenen und in allen Disziplinen deutlich zu erhöhen», schreibt die FIS.

Auf Anfrage bestätigt die FIS den Briefverkehr mit CVC. Der Weltverband schreibt: «Wir konnten aber auf den Vorschlag nicht eingehen, da jegliche Details wie zum Beispiel ein Zeitplan, ein Governance-Rahmen, eine Erklärung für die dargelegte Marktbewertung oder überhaupt jegliche Angaben fehlten, was genau CVC einbringen würde.» Die FIS betont: «Die FIS hat derzeit keinen Bedarf, um zusätzliches Kapital zu beschaffen.»

Dass CVC den Werbewert des gesamten Schneesports auf rund 2 Mia. Euro schätzt, kommentiert die FIS nicht konkret, sagt aber, dass man selber den Wert deutlich höher einschätze. Ebenso schildert der Verband, dass man das CVC-Angebot nicht mit dem neuen FIS-Deal mit Vermarkter Infront vergleichen könne. Dort gehe es nicht um den Verkauf von Marketingrechten oder um neues Kapital, sondern um den zentralisierten Verkauf von internationalen Übertragungsrechte.

Und was ist mit mageren Preisgeldern, die FIS-Boss Eliasch zu erhöhen versprach? «Dafür wurden bereits Schritte unternommen. Ziel ist es, die Preisgelder für Athletinnen und Athleten auf allen Ebenen und in allen Disziplinen deutlich zu erhöhen», schreibt die FIS.

Doch nun winkt ein unerwarteter Geldsegen! Blick liegt ein brisanter Brief von CVC (Capital Partners), einem der zehn grössten Private-Equity-Unternehmen weltweit mit Sitz in Luxemburg, an die FIS vor. Private Equity? Das bezeichnet Beteiligungen an Unternehmen, die nicht an der Börse notiert sind – so wie die FIS. In dem Brief wird dem Weltskiverband ein schon fast unmoralisches Angebot unterbreitet: 400 Millionen Euro bietet CVC für die Vermarktung aller FIS-Sportarten (Ski Alpin, Langlauf, Skispringen, usw.) an. Das Ganze wird «Project Snow» (Projekt Schnee) genannt. Darin wird beschreiben, wie man den Schneesport gross machen will – nicht nur in Europa.

Werbewert auf 2 Milliarden Euro geschätzt

Geht es nach dem Angebot, will die CVC der FIS dabei nicht wirklich reinreden, sondern ihr bei der Umsetzung der Produkte mehr oder weniger freie Hand lassen. Es heisst einzig: «CVC schlägt vor, für eine 20-prozentige Beteiligung an den kommerziellen Rechten des Schneesports zu investieren. Diese Mittel können von der FIS und allen nationalen Skiverbänden verwendet werden, um nachhaltig in den Sport zu investieren: In Veranstaltungen, Teams und künftiges, kommerzielles Wachstum.»

Im Brief heisst es weiter: «Zusätzlich zu den 400 Millionen Euro würden alle Beteiligten weiterhin Ausschüttungen aus dem Verkauf kommerzieller Rechte erhalten, wobei wir während unserer Partnerschaft ein deutliches Wachstum anstreben würden.» Aufgrund der verfügbaren Daten schätzt CVC den Werbewert des Unternehmens «Snow Sports Commercial» auf 2 Milliarden Euro. An die FIS schreibt man: «Wir würden mit Ihnen zusammenarbeiten, um die Staffelung dieser Investition zu vereinbaren (z.B. über 3 bis 5 Jahre) und um festzulegen, wie diese Erlöse für Investitionen zur Unterstützung des Geschäftsplans, Investitionen bei den nationalen Verbänden und der FIS und Investitionen in Athleten und andere Projekte verwendet werden.»

Dazu muss man wissen: CVC hat sich in den letzten 20 Jahren im Sport-Business stark profiliert. Man hat viel Erfahrung in der Sportvermarktung: Zum Beispiel in der Formel 1, in den höchsten Fussball-Ligen Spaniens und Frankreichs, sowie im Frauen-Tennis auf der WTA-Tour. Und nun sollen also die Schnee-Sportarten dazukommen. Doch die FIS scheint auf das Geld verzichten zu wollen.

«Keinen Bedarf», schreibt die FIS

Blick hatte auch Einsicht in die Antwort des Weltskiverbands an die CVC. Und dabei lehnt die FIS dankend ab. Nicht einmal ein Gespräch bietet man an. Der Grund: Man sei bereits mit Vermarkter Infront dran, die angestrebte Zentralisierung umzusetzen. Konkret heisst es: «Am 26. April 2024 stimmte der FIS-Rat für die Zentralisierung der internationalen Medien- und Übertragungsrechte, was der FIS den Weg für die Unterzeichnung einer exklusiven Agenturvereinbarung mit Infront ebnete.» Laut FIS kommt das Interesse von CVC zu spät. Zudem schreibt man: «Die FIS ist sehr gut kapitalisiert und hat derzeit keinen Bedarf an weiteren Mitteln, um ihre strategischen Pläne umzusetzen.»

Wie genau die Verträge mit Infront aussehen und ob ein Ausstieg nicht möglich wäre, weiss nur die FIS. Von Aussen wirkt es, als verpasse der Weltskiverband mit seiner Ablehnung eine riesige Chance.

Fakt ist: Von Preisgeldern wie im Tennis ist der Skisport derzeit weit entfernt. Mit Ausnahme von zwei Veranstaltern (Kitzbühel bei den Männern und Flachau bei den Frauen) schütten alle Veranstalter in diesem Winter nur noch das von der FIS festgeschriebene Minimum von 144’000 Franken aus. «Es gibt einige, die kaum noch Luft haben. Die ganze Infrastruktur kostet immer mehr. Sei es die Pistenpräparation, die Sicherheit, der Start- oder Zielbereich. Man will das Produkt immer attraktiver machen, aber das kostet halt auch immer mehr», erklärt der Schweizer Alpin-Direktor Hans Flatscher.

Geld ist dringend notwendig

Die Auswirkungen? Wer in der Lauberhorn-Abfahrt in Wengen Zehnter wird, kassiert gerade mal noch 3000 Franken. Und davon muss er, wie meist überall im Weltcup, noch 20 bis 30 Prozent an die Steuerbehörde abgeben. Da macht auch der Kopfsponsor, den sich fast alle Athleten selbst aussuchen können, den Braten in der Regel nicht fett. Klar ist: Die FIS hinkt in Sachen Finanzen den eigenen Erwartungen hinterher.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?