In seiner sportlichen Blütezeit ist Daniel Albrecht mit seinen Trainern öfter hart ins Gericht gegangen. So wie am 12. Dezember 2008, als sein Übungsleiter in Val d’Isère den Kombi-Slalom ausflaggte, der die Schweizer nach einer starken Abfahrtsleistung im Schlussklassement zurückwarf. «Er hat in diesem Lauf ziemlich genau das Gegenteil von dem gesetzt, was wir uns von ihm gewünscht habe. Für uns Schweizer wird es deshalb besser werden, wenn die Riesen- und Slalomläufe in Zukunft wieder von ausländischen Trainern gesteckt werden», fauchte der Walliser im Zielraum.
Knapp fünf Wochen später stürzte der Kombination-Weltmeister von 2007 beim Zielsprung in Kitzbühel in schrecklicher Manier ab. Dass er nach einem schweren Schädel-Gehirntrauma den Sprung an die Weltspitze nicht mehr schaffen konnte, führt der 40-Jährige bis heute auch auf die mangelnde Unterstützung der damaligen Trainer-Crew zurück.
Richtungsweisendes Telefonat mit Didier Plaschy
Seit ein paar Monaten ist Albrecht selber als Coach tätig – im regionalen Leistungszentrum Oberwallis bildet der Fiescher mit Slalom-Altmeister Didier Plaschy (50, 2 Weltcupsiege) 21 Mädchen und Buben aus. «Als mich Didier am Telefon gefragt hat, ob ich mit ihm zusammen im RLZ arbeiten möchte, war ich anfänglich eher dagegen», gibt Albrecht zu. «Aber dann hat mich Plaschy mit seiner speziellen Philosophie begeistert. Ich habe schnell gemerkt, dass er die Trainings jederzeit so gestaltet, dass es für diese jungen Athleten hochinteressant ist. Deshalb habe ich dann doch Ja gesagt.»
Dass das Trainer-Duo Plaschy-Albrecht das Alpin-Training revolutionieren will, zeigt ein Beispiel vom vorletzten Samstag im September. An diesem Tag haben die Walliser Nachwuchshoffnungen nicht auf dem Gletscher, sondern auf der berüchtigten Silver Star-Bahn im Europapark in Rust (De) trainiert. «Auf der Silver Star spüren wir eine Maximalbelastung von 3 G. Das ist nahezu identisch mit der Belastung, die wir in einer perfekten Slalom-Kurve spüren. Und deshalb können wir auf dieser Achterbahn die optimale Atemtechnik für Ernstkämpfe auf der Skipiste üben», erläutert Plaschy.
Schreiverbot auf der Monster-Achterbahn
Für diesen Zweck haben die Ski-Legenden den Visper Mentalcoach und Hypnotherapeut Jean Pierre Bringhen verpflichtet. Er soll den jungen Talenten die richtige Atemtechnik beibringen. Vor dem Gang zur Silver Star erhalten die Walliser Ski-Kids ein Schrei-Verbot. Warum? «Wenn ihr auf der Silver Star aus einer Höhe von 73 Meter in eine Kompression schiesst und schreit, kommt sämtliche Luft raus. Aber ein Skirennfahrer benötigt im Wettkampf bei einer Fahrt durch eine anspruchsvolle Kompression eine volle Lunge, damit er nicht komplett zusammengedrückt wird. Darum ist es wichtig, dass während der Höchstbelastung in der Kompression eingeatmet wird.»
Die Kinder setzten diese Vorgabe mustergültig um. Auf den vier Fahrten, welche die RLZ-Schüler auf der höchsten Stahlachterbahn der Welt absolvieren, ist kein Mucks zu hören. Der 15-jährige Elias ist deshalb total verblüfft: «Es ist wirklich unglaublich, welche enormen Auswirkungen das hatte. Durch die richtige Atemtechnik wird die Fahrt auf dieser Monsterbahn fast langweilig. Und ich bin mir sicher, dass uns diese Erfahrung auf der Skipiste sehr viel weiter bringen kann.» Davon sind auch Didier Plaschy und Dani Albrecht überzeugt. Und deshalb wird das nicht die letzte Trainingseinheit gewesen sein, die das RLZ Oberwallis im Europapark durchgeführt hat.