Es ist ein prächtiger Abend im Juli 2016. Kilian Wenger sitzt in einem Zermatter Pub beim Feierabend-Bier. Nach einem ordentlichen Schluck verrät er dem Blick-Reporter sein grösstes Problem: «Weisst du, seit ich Schwingerkönig bin, spüre ich vor jedem Schwung die riesigen Erwartungen, die ganz viele Menschen in mich setzen. Und das blockiert mich oft.»
In der Zwischenzeit hat der Diemtigtaler, der 2010 in Frauenfeld als 20-jähriger Jüngling in sensationeller Manier den Schwinger-Thron eroberte, nichts von seiner Popularität eingebüsst. Entsprechend gross sind die Erwartungen an ihn geblieben. Doch jetzt scheint der mittlerweile 31 Jahre alte Vater einer zweijährigen Tochter viel leichter damit umzugehen. Auf jeden Fall hat «Kilä» nun innerhalb von zwei Wochen mit dem Brünig und dem Berner Kantonalen zwei besonders prestigeträchtige Wettkämpfe gewonnen.
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«Ich bin derzeit tatsächlich lockerer drauf als vor der Corona-Pause», bestätigt Wenger. «Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich reifer geworden bin. Ich achte jetzt auch viel besser auf die Signale meines Körpers, lege viel mehr Wert auf Regeneration.»
Wenger genoss die unbeschwerten Abende
Wenger gibt auch zu, dass der letzte Sommer, in dem wegen der Pandemie sämtliche Schwingfeste abgesagt wurden, seine Einstellung zum Leben verändert hat. «In dieser Phase ist mir so richtig klar geworden, dass es viele wunderbare Alternativen zum Schwingen gibt. Ich habe es beispielsweise extrem genossen, wenn ich an einem Grill-Abend teilnehmen konnte, ohne dass ich an den nächsten Wettkampf denken musste.»
Diese unbeschwerten Abende haben sich aber nicht negativ auf seine Figur ausgewirkt. Wenger hat im Vergleich zur Saison 2019 noch einmal an Muskelmasse zugelegt. «Weil wir wegen Corona lange nicht ins Sägemehl durften, habe ich halt mehr Zeit im Kraftraum verbracht», sagt Wenger. Doch dann lässt der 23-fache Kranzfestsieger durchblicken, dass er sich nicht mehr ewig in der «Folterkammer» abrackern will.
Karriere-Ende nach Pratteln 2022?
«Ich plane meine Karriere bis zum Eidgenössischen im kommenden Sommer in Pratteln. Was danach kommt, ist offen. Möglich, dass ich bis zum Unspunnen 2023 weitermache. Es kann aber auch sein, dass ich nach einem guten Ergebnis in Pratteln einen Schlusspunkt setze.» Das sind Gedanken, die bei vielen Wenger-Fans Herzschmerzen auslösen werden.