Eine kleine Unaufmerksamkeit kann alles verändern. Diese Erfahrung hat auch Schwinger Martin Schuler (27) gemacht. Ende 2022 wacht er mit einer Wunde am Kopf in einem Spital in Österreich auf – und kann sich an nichts erinnern.
Den Unfallhergang kennt er nur aus Erzählungen, wie er gegenüber Tamedia sagt. Deshalb spricht er nicht im Detail darüber. Er verrät nur, dass es mit einer Böschung ohne Geländer und einem Sturz zu tun hat.
Die Folgen des Unfalls sind dramatisch. Schuler erleidet ein Schädelhirntrauma und liegt neun Tage im Koma. Im Kopf sei alles durcheinander gewesen, sagt er über die ersten schwierigen Wochen nach dem Aufwachen. Als er Anfang 2023 aus dem Spital entlassen wird, ist seine Zukunft ungewiss. Die Ärzte können weder sagen, ob er je wieder Vollzeit arbeiten kann, noch ob eine Rückkehr ins Sägemehl möglich sein wird. Als Schuler selber recherchiert, findet er heraus, dass seine Chance, wieder ganz gesund zu werden, im einstelligen Prozentbereich liegt.
Bauer, Plattenleger und Schwinger
Er beweist, dass man so einer Prognose trotzen kann. Anstatt mehrere Monate verbringt der Schwinger nur drei Wochen in einer intensiven Reha. Seine Motivation: die Abmachung mit seinem Vater, im Sommer dessen Bauernhof zu übernehmen. Dafür musste er aber noch die Lehrabschlussprüfung als Landwirt absolvieren. Diese schreibt er nur fünf Monate nach seinem Unfall.
Heute führt er den Hof im Wädenswilerberg und arbeitet daneben Teilzeit als Plattenleger. Mit dem Comeback im Sägemehl hat sich Schuler Zeit gelassen. Am 2. Dezember 2023 bestreitet er sein erstes Fest, erst in dieser Saison kehrt er richtig zurück. Und lässt bereits wieder aufhorchen. Am Morgarten-Schwinget wird er Vierter und beim Thurgauer Kantonalen verpasst er den Kranz nur knapp. Die Resultate zeigen ihm, «wie nahe ich wieder dran bin», so der dreifache Kranzgewinner (alle 2021) Schuler.
Kantonales vor der Haustür
Am Sonntag steht nun ein besonderes Fest auf dem Programm. Das Zürcher Kantonale in Horgen findet quasi vor seiner Haustür statt. Und Schuler ist gleich in drei Rollen engagiert.
Er hilft bei den Aufbauarbeiten, betreut als technischer Leiter des Schwingklubs Zürichsee linkes Ufer die zwölf Aktiven, die teilnehmen und steigt selber in die Zwilchhosen. «Ich schätze die Kameradschaft im Klub. Und dass ich selbst wieder daran teilhaben kann.» Deswegen macht er das gerne. Vielleicht wird sein Engagement mit dem Kranz belohnt, auch diesen würde er noch so gerne nehmen – auch wenn er eigentlich nur zum «Plausch» schwingt.