Es sind zwei besonders geschichtsträchtige Zweikämpfe, die Matthias Sempach und Christian Stucki im Sägemehl ausgetragen haben. 2008 duellierten sich die beiden Berner im Kilchberg-Schlussgang. Der Seeländer Stucki sicherte sich damals mit einem Gestellten seinen ersten eidgenössischen Titel. Fünf Jahre später griffen die beiden Giganten beim ESAF in Burgdorf im finalen Gang zusammen – «Mättu» brachte den 40 Kilo schwereren «Chrigu» mit einem blitzsauberen Fussstich aus dem Gleichgewicht und eroberte damit den Schwinger-Thron.
Dass die persönliche Beziehung unter der sportlichen Rivalität in diesem Fall nicht gelitten hat, hat Verlierer Stucki mit seinem kräftigen Schmatzer auf die Stirn von Sempach deutlich gemacht. Und nun hat der König von 2013 dem regierenden, aber schwer angeschlagenen König einen Freundschaftsdienst erwiesen.
Doch der Reihe nach: Nachdem Stucki vor zwei Wochen die Diagnose Bandscheibenvorfall erhalten hatte, war schnell klar, dass er mit der herkömmlichen Medizin bis zum Anschwingen in Pratteln nicht fit werden würde. Im Clan des Titelverteidigers hat deshalb die Suche nach einer alternativen Heilmethode begonnen. Von einem der renommiertesten Manualtherapeuten Europas erhielt Stucki eine Absage. Begründung: «Mit meiner Methode bekommen wir diesen Bandscheibenvorfall nicht innerhalb von zehn Tagen in den Griff.»
Sempach mit entscheidendem Tipp
Stucki stand kurz davor, seine ESAF-Teilnahme abzusagen. Doch dann erinnerte sich der 1,98-Meter-Riese an einen Tipp, den ihm Sempach bereits vor zwei Jahren gegeben hatte – die Biokinematik-Therapie. Dabei wird die Lehre von den bewegten Körpern aus der Mechanik auf lebende Objekte angewandt. «Nachdem ich meine Karriere wegen eines Bandscheibenvorfalls im Lendenwirbelbereich beenden musste, habe ich Biokinematik in Deutschland kennengelernt. Dank dieser Therapie kann ich heute wieder alles ohne Einschränkungen machen.»
Als sich Stucki letzte Woche bei seinem königlichen Kumpel erkundigte, ob er ihm einen Therapieplatz organisieren könne, informierte Sempach sogleich den Unternehmer Markus Birchmeier. Der Aargauer, der 1998 und 2001 die eidgenössischen Kränze erschwungen hat, betreibt in Bad Zurzach gemeinsam mit Cheftherapeut Steffen Ludin ein Biokinematik-Zentrum.
«Enorm dankbar»
Und Ludin stellte Stucki in einer dreitägigen stationären Therapie so weit wieder her, dass dieser morgen in Pratteln zur Titelverteidigung antreten kann. «Als ich nach dieser Therapie mit Chrigu telefoniert habe, war er richtig gut drauf. Der entscheidende Belastungstest hat dann auch gut funktioniert. Wir sind Matthias Sempach, Markus Birchmeier und Stefan Ludin enorm dankbar», betont Stuckis Trainer Tommy Herzog.
Es ist durchaus möglich, dass Matthias Sempach am Sonntagabend für seine Vermittlungskünste von Stucki wieder einen Kuss auf die Stirn erhält.