Über der Stadtzürcher Allmend Brunau ziehen am Sonntagabend kurz vor 17 Uhr dunkle Gewitterwolken auf. Donnergrollen kündet ein Unwetter an. In diesem Moment schreitet Domenic Schneider (28) in den Sägemehlring in der Mitte des Festplatzes. Der Schlussgang am Zürcher Kantonalschwingfest steht an. Fest-Favorit Schneider trifft auf den Zürcher Aussenseiter Shane Dändliker (28). Auf der Tribüne huschen die Blicke vom Sägemehlring in der Mitte der Arena zum immer dunkler werdenden Himmel hoch. «Die sollen bloss vorwärtsmachen», murmelt ein besorgter Festbesucher, während der Nachbar schon die Pelerine überstreift.
Im Sägemehl greifen der Thurgauer Koloss und der Zürcher Nicht-Eidgenosse zusammen. Und als hätte Schneider die Wettersorgen der Zuschauer gehört, macht er kurzen Prozess mit Dändliker. Nach wenigen Sekunden liegt sein Gegner auf dem Rücken, «Dodo» bejubelt seinen zweiten Sieg in Folge nach dem Basellandschaftlichen letzte Woche. Obwohl der Himmel jetzt seine Schleusen öffnet, hat es der behäbige Thurgauer nicht eilig, vom Festgelände herunterzukommen.
Liebäugeln mit dem Muni
Einerseits muss er sich noch überlegen, ob er seinen Lebendpreis mit nach Hause nehmen will: den stattlichen Limousin-Muni Zeppelin aus dem Aargau im Wert von etwa 6000 Franken. «Ich habe zu Hause auf dem Hof noch zwei Rinder, die gedeckt werden müssen. Also wäre es eigentlich grad praktisch», sagt Schneider ganz pragmatisch. Züchter Marcel Annen würde es unglaublich freuen, den 750 Kilogramm schweren Prachtskerl zu Dodo in den Thurgau zu fahren. «Der Schneider Domenic ist so ein bodenständiger Kerl. Es wäre eine riesengrosse Ehre, wenn mein Muni in seinen Stall einziehen darf.»
Als Landei in der Stadt
Andererseits ist es dem Thurgauer Landwirt wirklich nicht danach, gleich nach dem Festsieg mit dem Auto in den städtischen Verkehrsdschungel einzutauchen. Die Anfahrt am Morgen sei eine kleine Herausforderung gewesen. «Zum Glück sind wir früh angereist, da war zumindest der Verkehr nicht so schlimm. Aber ich muss schon sagen, als Landkind bin ich mir nicht so viele Lichtsignale gewohnt. Ich habe mein Billett im Thurgau gemacht. Da ist auf den Strassen nie so viel los wie hier in der Stadt.» Mit dem Fahrlehrer sei es auch mal durch Kreuzlingen gegangen. «Aber da gabs keine Trams mit ständigem Vortritt», lacht der Eidgenosse. Die kleine Zürcher Stadtrundfahrt hat Schneiders Nerven aber offensichtlich nicht nachhaltig strapaziert – so souverän, wie er durch dieses Fest geschwungen hat.
Und was ist denn nun mit dem Muni? Nach etwas Bedenkzeit entscheidet sich Domenic Schneider doch gegen das Tier und fürs Bare. Züchter Marcel Annen kann es verstehen. Und Muni Zeppelin wird es wohl auch nicht stören. Für ihn steht ein Sommer auf der Alp an.