Das sagt Trainer Dany Hüsler über seinen Schützling
4:20
Wicki will den Kilchberg-Sieg:Das sagt Trainer Hüsler über seinen Schützling

Joel Wickis bewegender Einblick
«Im Schwingkeller brennt eine Kerze für den ermordeten Benno»

Joel Wicki ist neben Samuel Giger der heisseste Anwärter auf den Kilchberg-Sieg. Im Interview mit Blick spricht der Entlebucher auch über das tödliche Attentat auf sein Idol, den Klubkollegen Benno Studer.
Publiziert: 24.09.2021 um 01:25 Uhr
|
Aktualisiert: 24.09.2021 um 12:01 Uhr
1/10
Nach zahlreichen Verletzungen hat Joel Wicki in den letzten Tagen und Wochen wieder richtig grosse Sprünge gemacht. Nach seinem Comeback-Sieg am Luzerner Kantonalen beeindruckt er im Training vor allem mit Explosivität.
Foto: Sven Thomann

Blick: Joel Wicki, auf einer Skala von 1 bis 10 – wie würden Sie ihren Formstand kurz vor dem Saisonhöhepunkt in Kilchberg beziffern?
Joel Wicki: Mit 9,5. Ich bin wirklich gut «zwäg» und glaube daran, dass ich mir das letzte Quäntchen zur absoluten Top-Form im letzten Schwingtraining mit guten Gegnern holen werde. Gegen die muss ich einfach noch ein paar Schwünge richtig durchziehen können, dann kann Kilchberg kommen.

Sie wurden in diesem Sommer zuerst durch eine Verletzung am Ellenbogen und dann durch eine Blessur am Oberschenkel zurückgeworfen. Andere Eidgenossen hat es noch viel heftiger erwischt. Haben Sie eine Erklärung dafür, dass das Lazarett im Reich der Bösen derzeit so gross wie nie zuvor ist?
Ein Grund dürfte sein, dass wir in der Vorbereitung auf diese Saison bedingt durch die Pandemie kaum schwingen durften. Dadurch haben viele Schwinger umso länger und intensiver im Kraftraum gearbeitet und dadurch an Muskelmasse zugelegt. Dummerweise werden die Bänder und Sehnen dadurch nicht stärker. Deshalb dürfte das eine oder andere Band kaputt gegangen sind, weil die Belastung durch die Gewichtszunahme zu stark geworden ist.

Sehr oft ist es auch Regenerationsmangel, der zu Verletzungen führt. Sie sind neben dem Schwingsport noch als selbstständiger Bagger-Unternehmer tätig und absolvieren eine Zweitausbildung zum Landwirt. Bleibt da die Erholung nicht auf der Strecke?
Ich glaube nicht, weil ich vor einem Training ganz genau weiss, was ich will. Die Qualität einer Einheit steht bei mir weit über der Quantität. Zudem esse ich gut und gehe regelmässig in die Massage. Die Körperpflege kommt also nicht zu kurz. Und weil mir die Arbeit auf der Baustelle oder in der Landwirtschaft enorm viel Freude bereitet, haben diese Tätigkeiten eben auch eine regenerative Wirkung auf mich. Im Bagger kann ich mich auch erholen.

Welche Schwinger haben Sie bewundert, als Sie ein kleiner Bub waren?
Ich habe vor allem zu den Entlebuchern Benno Studer und Ueli Banz hinaufgeschaut. Die haben schon damals sehr professionell für den Schwingsport gearbeitet. Irgendwann durfte ich dann mit den beiden zusammen trainieren. Und das hat mich auf jeden Fall stärker gemacht.

Brünig-Sieger Benno Studer wurde 2013 bei einem Amoklauf in einer Schreinerei in Menznau erschossen. Wie oft denken Sie heute noch an ihn?
Ich fahre mit dem Auto fast jeden Tag durch Menznau. Dort zeigt ein Wegweiser zur Gedenkstätte. Jedes Mal wenn ich hier bin, beginnt mich Bennos Schicksal von neuem zu beschäftigen. Er wäre jetzt 34. Und ich bin mir sicher, dass er auch jetzt noch erfolgreich schwingen würde, wenn diese schreckliche Schiesserei nicht gewesen wäre. Benno hat für diesen Sport gelebt. Sein Tod war ein Tiefschlag für die ganze Region Entlebuch und den ganzen Verband.

Können Sie sich noch an die letzte Begegnung mit ihm erinnern?
Kurz vor seinem Tod habe ich mit ihm zusammen ein Mental-Training besucht, dass uns der Luzerner Verband organisierte. Ich hatte damals noch keinen Führerschein und durfte mit Benno mitfahren. Von dieser letzten Fahrt ist mir praktisch jeder Moment in Erinnerung geblieben. Und in unserer Schwinghalle erinnert nach wie vor ein Bild an Benno. Vor diesem Bild brennt für ihn eine Kerze.

Das war der Amoklauf von Menznau

27. Februar 2013: Es ist kurz nach 9 Uhr, als der sonst so ruhige Büezer Viktor B in Menznau (LU) das Gebäude der Holzverarbeitungsfirma Kronospan betritt und komplett durchdreht. Der 42-Jährige zückt in der Betriebskantine die Pistole und beginnt willkürlich auf seine Mitarbeiter zu schiessen. Vier Menschen überleben mit schweren Verletzungen, fünf sterben. Zu den Toten gehört neben dem Täter und einer Kantinen-Angestellten auch der Eidgenössische Kranzschwinger Benno Studer, welcher neben dem Brünig auch das Teilverbandsfest der Innerschweizer gewonnen hatte.

27. Februar 2013: Es ist kurz nach 9 Uhr, als der sonst so ruhige Büezer Viktor B in Menznau (LU) das Gebäude der Holzverarbeitungsfirma Kronospan betritt und komplett durchdreht. Der 42-Jährige zückt in der Betriebskantine die Pistole und beginnt willkürlich auf seine Mitarbeiter zu schiessen. Vier Menschen überleben mit schweren Verletzungen, fünf sterben. Zu den Toten gehört neben dem Täter und einer Kantinen-Angestellten auch der Eidgenössische Kranzschwinger Benno Studer, welcher neben dem Brünig auch das Teilverbandsfest der Innerschweizer gewonnen hatte.

Zu ihren wichtigsten Bezugspersonen gehört nach wie vor ihr Vater, der vor ein paar Jahren gegen den Krebs ankämpfen mussten. Sind sie in dieser Pandemie-Phase auch wegen ihrem zur Risiko-Gruppe zählenden Papa häufiger als andere Schwinger mit der Maske herumgelaufen?
Ja. Ich könnte nicht damit umgehen, wenn ich meinen Vater oder einen seinen älteren Kollegen aus der Jagd-Gruppe mit diesem Virus anstecken würde. Als ich im letzten Oktober als Erstgekrönter von Zug gemeinsam mit König Christian Stucki im Diemtigtal in den Schwinger-Pavillion aufgenommen wurde, habe ich dort immer Maske getragen und den nötigen Abstand zu den anderen Besuchern eingehalten. Ich bin in den letzten Monaten wegen Corona nur sehr selten in den Ausgang gegangen. Und meinem Vater geht es zum Glück sehr gut.

Haben Sie dennoch Verständnis für Gruppierungen wie die Freiheits-Trychler?
In unserem Land soll jeder selber entscheiden können, ob er sich gegen dieses Virus impfen lassen will oder nicht.

Haben Sie sich impfen lassen?
Ich habe mich entschieden, dass ich mich bis zum Kilchberg-Schwinget nicht impfen lassen werde. Weil ich keine Ahnung habe, wie sich diese Impfung auf meine körperliche Verfassung auswirkt. Auch deshalb habe ich bei öffentlichen Veranstaltungen zuletzt rar gemacht.

Wissen Sie eigentlich, wer am Kilchberg-Schwinget Pate des Sieger-Munis ist?
Ja, Marco Odermatt. Es ist für mich eine Ehre, dass sich ein derart grandioser Skirennfahrer auch für unseren Schwingsport interessiert.

Odermatt wird wie Sie von Michael Schiendorfer vermarktet. Wie gut kennt ihr euch?
Es ist nicht so, dass wir jeden Tag Kontakt haben. Aber wenn wir uns sehen, verstehen wir uns richtig gut. Mit Marco kann ich hervorragend diskutieren. Er ist wirklich ein super cooler Typ. Und wenn er am Start von einem Skirennen steht, fiebere ich zu Hause vor dem Fernseher mit.

Sie sind am Sörenberg ja auch in einem Skigebiet aufgewachsen. Wie steht es um ihre Alpin-Künste?
Ich fahre ordentlich Ski. Aber ich bin auf der Piste eher der Geradeausfahrer, als der feine Techniker.

Wicki persönlich

Joel Wicki wird am 20. Februar 1997 im Entlebuch geboren. Obwohl er meistens ein Kopf kleiner ist als seine Kontrahenten, feiert er mit 8 Jahren seinen ersten Erfolg als Schwinger – beim «Buebä-Schwinget» in Niederbipp gewinnt er eine Ziege. Kurz nach seinem 17. Geburtstag bodigt Joel auf der Rigi mit Nöldi Forrer erstmals einen Schwingerkönig, ein Jahr später triumphiert er kurz vor seiner Abschlussprüfung als Baumaschinenmechaniker als jüngster Schwinger seit Ruedi Hunsperger den Schwarzsee. Mittlerweile hat Wicki 13 Kranzfestsiege auf seinem Konto. In der Freizeit ist der böseste Innerschweizer der Gegenwart regelmässig beim Fischen und Jagen anzutreffen. Aktuell absolviert der 1. 83 Meter grosse, 110 Kilo schwere Kraftwürfel eine Zweitausbildung zum Landwirt.

Joel Wicki wird am 20. Februar 1997 im Entlebuch geboren. Obwohl er meistens ein Kopf kleiner ist als seine Kontrahenten, feiert er mit 8 Jahren seinen ersten Erfolg als Schwinger – beim «Buebä-Schwinget» in Niederbipp gewinnt er eine Ziege. Kurz nach seinem 17. Geburtstag bodigt Joel auf der Rigi mit Nöldi Forrer erstmals einen Schwingerkönig, ein Jahr später triumphiert er kurz vor seiner Abschlussprüfung als Baumaschinenmechaniker als jüngster Schwinger seit Ruedi Hunsperger den Schwarzsee. Mittlerweile hat Wicki 13 Kranzfestsiege auf seinem Konto. In der Freizeit ist der böseste Innerschweizer der Gegenwart regelmässig beim Fischen und Jagen anzutreffen. Aktuell absolviert der 1. 83 Meter grosse, 110 Kilo schwere Kraftwürfel eine Zweitausbildung zum Landwirt.

Im Konditionstraining müssen sie regelmässig einen Sommer-Bob anschieben. Ihr Trainer Dany Hüsler ist sich sicher, dass sie mit ihrer Explosivität der ideale Anschieber für ein Zweier- oder Viererbob-Team wären. Wann sehen wir Sie bei der Winter-Olympiade?
Das Anschieben von einem richtigen Bob stelle ich mir tatsächlich sehr cool vor und es würde mich auch reizen, mal mit einem Team etwas zu erreichen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich nach dem Anschieben den Mut hätte, mit den Kollegen die Bahn hinunter zu donnern.

Wenn Sie eine Zeitmaschine zur Verfügung hätten - welchen Gang würden Sie gerne noch einmal bestreiten?
Den Eidgenössischen Schlussgang gegen Christian Stucki.

Was würden Sie anders machen?
Ich würde nichtt mehr auf Teufel komm raus losgehen, dafür viel überlegter agieren. Ich würde mir einen detaillierteren Matchplan ausdenken, mich besser auf seine Stärken einstellen.

Wie lange hat ihnen diese Niederlage beim Eidgenössischen Schlussgang die Laune vermiest?
Nicht so lange. Ich konnte schon relativ schnell wieder an meine nächsten Ziele denken. Und mit etwas Abstand betrachtet kommt für mich ja auch der Titel des Erstgekrönten einem riesigen Erfolg gleich. Ich habe ja gleich viele Punkte wie Stucki erzielt, obwohl ich mich drei Wochen zuvor auf dem Brünig an der Schulter verletzt hatte. Damals habe ich gar nicht mehr an eine Teilnahme am Eidgenössischen geglaubt. Darum muss ich mit dem Erreichten sehr zufrieden sein.

Wie oft haben Sie sich schon die Frage gestellt, was in Zug passiert wäre, wenn sie grösser als 1.83 Meter wären?
Ich denke nicht, dass ich mit meinem Stil erfolgreicher wäre, wenn ich wie ein Samuel Giger oder Stucki mehr als 1 Meter 90 messen würde. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass es schlechter funktionieren würde. Ich würde im Zweikampf weniger schwungvoll unten rein kommen und ich wäre wahrscheinlich auch anfälliger für Bandscheibenschäden oder Knieprobleme, weil die Hebelwirkung eine ganz andere wäre.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?