Fabio Hiltbrunner (19) sorgt in Schwinger-Kreisen seit längerem für Diskussionen. Immer wieder Thema ist seine Postur. «Es ist unglaublich. Züchten die ihre Athleten?», so ein Funktionär, als ihn Blick Anfang Saison auf das Berner Talent ansprach. Mit seinen 1,89 Metern und gut 110 Kilos scheint er wie gemacht fürs Schwingen. Seiner Wucht ist nicht einmal Schwingerkönig Joel Wicki gewachsen!
Mit dem Sieg über den Entlebucher sicherte sich Hiltbrunner den Titel am Jubiläumsschwingfest in Appenzell. Gemeinsam mit Topfavorit Fabian Staudenmann. Eine Sensation. Hiltbrunner steht erst bei acht Kränzen. Am Schwarzsee und am Seeländischen verpasste er das Eichenlaub. «Erklären kann ich mir diesen Sieg nicht. Heute hat einfach alles gepasst», so der Emmentaler, dessen Herz als Kind für den Fussball schlug.
Enttäuschung bei der Lehrstellensuche
Doch die Preisvergabe passte ihm nicht, wie er als Kind in einem SRF-Beitrag erklärte: «Nur der Verein bekam etwas. Wir Spieler nie. Deshalb musste ich mir immer selber etwas kaufen.» Viel besser gefiel es ihm beim Schwingen, wo er schnell ein paar «Glöggli» mit nach Hause nehmen konnte.
Später kamen auch immer wie mehr Lebendpreise dazu. Hiltbrunner bevorzugte Kaninchen. «Mein Vater hatte daran keine Freude. Ich schon. Also nahm ich sie trotzdem. Schliesslich habe ich geschwungen und nicht er.» Eine Enttäuschung erlebte er bei der Lehrstellensuche. Hiltbrunner wollte Forstwart werden. «Leider erhielt ich eine Absage, danach ist es mir verleidet.»
Statt im Wald lernte er auf dem Bauernhof. Inzwischen hat der Emmentaler die Ausbildung zum Landwirt abgeschlossen. Parallel dazu arbeitete er sich im Schwingsport immer weiter nach oben. Eine entscheidende Rolle spielte dabei der Berner Eidgenosse Matthias Aeschbacher. Die beiden trainieren gemeinsam im Schwingklub Sumiswald. «Er ist mein grösstes Vorbild im Schwingen. Ein richtiges Idol. Wenn er etwas sagt, höre ich immer ganz genau zu», so Hiltbrunner.
Trainingskollegen gefordert
Für Aeschbacher ist der Triumph seines Trainingskollegen der Lohn harter Arbeit. «Er kommt in jedes Training, macht kein Theater, arbeitet konzentriert.» Dass Hiltbrunner immer stärker wird, bekam auch der 95-fache Kranzgewinner zu spüren. «Dieses Jahr hatte ich im Training immer brutal Mühe gegen ihn. Ich habe schon an mir gezweifelt, aber dieser Sieg hat gezeigt, dass es nicht an mir lag», sagt er lachend.
Sein Talent deutete Hiltbrunner immer wieder an. So bezwang er im Frühling beim Sieg am Abendschwinget in Langenthal BE die beiden Eidgenossen Patrick Räbmatter und Michael Ledermann. Auch deshalb bezeichnete ihn Blick in der Saisonvorschau als möglichen Aufsteiger der Saison.
Jetzt Königs-Favorit?
Rolf Gasser, der Geschäftsführer des Eidgenössischen Schwingerverbandes, sagte über Hiltbrunner: «Er erinnert mich in der Art, wie er schwingt, ein wenig an Jörg Abderhalden, Christian Stucki oder Ruedi Hunsperger.» Alle drei dürfen sich Schwingerkönig nennen.
Gehört Hiltbrunner nun zu den Favoriten am Eidgenössischen in einem Jahr in Mollis GL? «Nein, nein», sagt er lachend. «Es gibt noch viele andere, die heute nicht ihren besten Tag hatten». Zum Beispiel König Joel Wicki oder Unspunnensieger Samuel Giger.