Wie hoch die Ansprüche von Roman Mityukov (23) an sich selber sind, wird an der WM in Doha nach der um nur 0,1 Sekunden verpassten Gold-Sensation rasch klar. Der Genfer ist mit WM-Silber über 200 Meter Rücken zum erst zweiten Schweizer Schwimmer der Geschichte mit mehreren WM-Medaillen geworden (neben Flavia Rigamonti), doch er bleibt cool und sagt: «An der letzten WM holte ich Bronze, nun ist es Silber. Das ist ganz okay, zumal für einen Wettkampf im Februar. Doch wir werden sehen, was bei Olympia passiert!»
Ganz cool nimmt Mityukov auch den Empfang hin, als er am Flughafen Genf aus Katar zurückkehrt. Der Silber-Held ist zurück in seiner Heimat. Seine Eltern kamen vor 35 Jahren aus Russland in die Schweiz – Mityukov ist in Genf geboren und aufgewachsen. Und er ist in Genf zum Weltklasseschwimmer gereift.
Das Talent wurde rasch sichtbar
Ein Auslandabenteuer wie Kollege Jérémy Desplanches (29) – der kurz vor der WM seine Zelte in Frankreich abbrach und nun wieder an der Seite von Mityukov bei Trainer Clément Bailly trainiert – hat ihn nie gereizt. «Ich fühle mich hier wohl, wo ich meine Familie und meine Freunde habe», sagt Mityukov zu «24 Heures», «es hat keinen Sinn, ins Exil zu gehen, wenn man hier alles hat und man weiter vorankommt.»
Der WM-Überflieger kam früh mit dem Wasser in Kontakt. Wie sein Bruder und seine Schwester lernte er als Primarschüler schwimmen. Doch als es bei den drei talentierten Kindern mit den Wettkämpfen immer ernster wurde, blieb nur Roman übrig. Er war immer bereit, den hohen Trainingsaufwand auf sich zu nehmen. Bis heute. Heute sinds 25 bis 30 Stunden pro Woche, die er im Wasser oder im Gym schuftet.
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Als Teenager fiel sein Talent rasch national auf, es lockte ein Aufgebot für die Junioren-EM. Doch da war ein Problem: Mityukov besass keinen Schweizer Pass. Da forcierte das Talent seine Einbürgerung. Er machte bei den Eltern richtiggehend Druck, den Prozess für ihn möglichst rasch zu bewerkstelligen. Nun ist er aus dem Nationalteam längst nicht mehr wegzudenken und ist spätestens mit dem WM-Silber in Doha aus dem Schatten von Desplanches und Noè Ponti (22) getreten, deren Olympia-Medaillen aus Tokio bisher alles überstrahlten.
Experte für Genfer Burger-Restaurants
Aber für den gerade neben Desplanches eher introvertiert wirkenden Mityukov gibt es auch ein Leben neben dem Swimmingpool. Er sagt denn auch zur Frage, welches Tier er wohl wäre: «Ich wäre kein Fisch. Ich wäre ein Löwe, wie mein Sternzeichen.»
Er studiert neben dem Spitzensport auch noch Rechtswissenschaft. Und er überrascht bei «24 Heures» mit der Aussage, dass er seinem gestählten Körper regelmässig etwas gönnt. Mityukov isst fürs Leben gerne Burger – aber nicht in der Fastfood-Variante. «Es muss ein Qualitätsburger sein», sagt die Olympia-Hoffnung und schildert, dass er in Genf schon praktisch jedes Burger-Restaurant besucht hat – um herauszufinden, wo es den allerbesten gibt.