Das war mein schlimmster Moment
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Ex-Rad-Talent Kilian Frankiny:Das war mein schlimmster Moment

Wie der Stern eines Schweizer Rad-Talents verglühte
Frankiny: «Ich war wohl einfach zu lieb»

Kilian Frankiny (28) ist nicht mehr Rad-Profi, sondern Kundenberater. Weshalb? Der Walliser mit dem grossen Motor am Berg blickt selbstkritisch zurück.
Publiziert: 07.06.2022 um 00:22 Uhr
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Kilian Frankinys neuer Arbeitsplatz. Er ist Privatkundenberater bei der Raiffeisenbank Belalp-Simplon.
Foto: Sven Thomann
Mathias Germann

Es ist erst sechs Jahre her, da galt Kilian Frankiny (28) als eines der grössten Schweizer Rad-Talente. Und heute? Da treffen wir den Walliser im Zentrum von Brig. Er trägt Anzug, hat gerade Salat gegessen und nutzt seine Pause als Privatkundenberater bei der Raiffeisenbank Belalp-Simplon, um mit uns zu reden. «Ich vermisse den Radsport nicht. Mein Leben hat sich entschleunigt, ich kann die kleinen Dinge wieder geniessen», sagt er und geniesst sein Schoggiglacé.

Frankiny gibt offen zu, dass er nach wie vor gerne Rad-Profi wäre, doch über die neue Arbeit sehr glücklich ist. «Ich habe schöne Jahre erlebt, viele tolle Leute und wunderschöne Orte kennengelernt», sagt er.

Schwer verletzt auf dem Sofa

Aber warum hat der Kletterer, der am Berg Wattzahlen wie nur wenige treten konnte, eigentlich kein Team mehr gefunden? Die Gründe dafür sind vielfältig. Sein letztes Team, Qhubeka NextHash, fand keinen Nachfolge-Sponsor – auch, weil Corona die Wirtschaftliche arg traf.

Gleichzeitig lag Frankiny nach einem Horror-Sturz im letzten August mit zertrümmertem Becken, Schlüsselbein und drei gebrochenen Rippen wochenlang auf dem Sofa, anstatt bei Rennen Werbung in eigener Sache zu machen. Schliesslich hatte er nicht das Palmarès (kein Profi-Sieg), das er gebraucht hätte, um auf den Einkaufszettel anderer Teams zu gelangen.

«Ich habe mich nie verstellt»

Für Frankiny gibt es einen weiteren, entscheidenden Punkt – für den er selbst verantwortlich ist. «Ich war für den Profi-Radsport wohl einfach zu lieb, konnte die Ellbogen nicht ausfahren», so der Natischer.

Tatsächlich kümmerte er sich oft zuerst um seine Teamkollegen, als zu sich selbst zu schauen. Den nötigen Egoismus, den es im Peloton manchmal braucht, hat Frankiny nicht. «Stimmt. Aber ich bereue das nicht. Ich habe mich nie verstellt, sondern bin mir immer treu geblieben. Und ich bin stolz, fünf Jahre dabei gewesen zu sein. Ich war zweimal beim Giro und dreimal an der Vuelta – einzig die Tour de France fehlt mir. Aber das ist nicht entscheidend.»

Raclette – egal wann

Heute ist das Radfahren für Frankiny nur noch ein Hobby. «Ich fahre nur noch bei schönem Wetter. Dafür spiele ich Tennis und fahre endlich wieder Ski – das durfte ich früher nicht. Und ich esse Raclette, wann immer ich Lust darauf habe», sagt er schmunzelnd. Dann ruft die neue Arbeit wieder – Frankiny fühlt sich auch bei ihr pudelwohl.

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