«Unfall ist herzzerreissend»
Rennfahrer-Boss kritisiert nach Furrers Tod den Rad-Weltverband

Adam Hansen vertritt als Vorsitzender der Radfahrergewerkschaft die Interessen der Athleten. Jetzt äussert sich der Australier zum tragischen Tod von Muriel Furrer (†18) – und schiesst gegen die Organisatoren.
Publiziert: 08.10.2024 um 09:38 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2024 um 10:24 Uhr
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Adam James, Vorsitzender der Fahrergewerkschaft, hat sich zum Tod von Muriel Furrer an der Rad-WM in Zürich geäussert.
Foto: Manuel Geisser
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Matteo BonomoRedaktor und Produzent Blick Sport

Adam Hansen bekleidet eine wichtige Rolle im Radsport. Als Vorsitzender der Fahrergewerkschaft Cyclistes Professionnels Associés CPA vertritt er die Fahrer bei den Verbänden und Organisatoren. Bisher hielt er sich zum Tod von Muriel Furrer (†18) an der Rad-WM in Zürich bedeckt.

«Normalerweise bin ich im Fall der drei Todesfälle innerhalb von etwas mehr als einem Jahr öffentlich eher schweigsam gewesen. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt, in solch heiklen Situationen schmutzige Wäsche zu waschen», erklärt der Australier in einem Schreiben der Gewerkschaft CPA. Nebst dem Unglück von Furrer spricht er von den tödlichen Unfällen des Schweizers Gino Mäder bei der Tour de Suisse 2023 und des Norwegers André Drege im letzten Juli bei der Tour of Austria.

Zu lange Reaktionszeiten

Laut Hansen haben alle drei Fälle Gemeinsamkeiten. «Niemand von der Rennorganisation oder den Kommissaren hat die Unfälle bemerkt.» Zwar seien die Reaktionszeiten unterschiedlich gewesen. Dennoch sei zum Zeitpunkt der Stürze niemandem etwas aufgefallen. Bei Mäder sei es Zufall gewesen, dass er so schnell gefunden wurde. Bei Drege ging es bereits zwischen 25 und 45 Minuten, ehe der Norweger ausfindig gemacht werden konnte.

Doch bei Furrer war es noch schlimmer. «Das Rennen war bereits zu Ende, als man ihr Fehlen bemerkte. Das Rennen fuhr viele Male vorbei, und kein einziger Mensch hat sie gesehen. Darüber möchte man gar nicht näher nachdenken. Es ist herzzerreissend.» Rund zweieinhalb Stunden dauerte es, bis der Helikopter der Rettungsflugwacht sie ins Universitätsspital Zürich überführen konnte. Am Tag darauf verstarb sie an ihren Verletzungen.

Fahrer sind alleine unterwegs

Hansen sieht das Versäumnis bei der Ortung der Fahrer. In Zürich wurden Runden gefahren und Zeitmess-Chips eingesetzt. Dass bei Furrers fehlenden Zeiten niemand reagierte, ist für Hansen nicht erklärbar. «Als das Rennen bereits zu Ende war, stellte man fest, dass sie fehlte. Offensichtlich gab es Fehler bei der Lokalisierung der Fahrer.»

Schuldige will der frühere Rennfahrer keine nennen. Dennoch fordert er Massnahmen bezüglich der Sicherheit. «In allen drei Fällen, die ich erwähnt habe, hatte keine einzige Person von den Organisatoren ein Auge auf einen Fahrer. Man braucht entweder mehr Streckenposten oder eine Art von Überwachungsgerät.» Stürze könne man nicht verhindern, die gehören zum Radsport, so Hansen. «Aber die Reaktionszeit ist entscheidend.»

Rennradios werden gefordert

Hansen kritisiert zudem die fehlende Bereitschaft der UCI für technische Verbesserungen. Er will sich für die Einführung eines Rennradios starkmachen. Dieses war bei der WM verboten. «Sie würden zwar nicht in allen Fällen helfen, aber in einigen Fällen könnten sie hilfreich sein. Selbst wenn einer dieser Fälle ein Leben rettet, müssen wir dies einführen.» Auch ein einfacher Tracker könne bereits einen grossen Unterschied machen, erklärt der Australier.

Aufseiten der Fahrer sei die Nachfrage nach Rennradios nach Furrers Tod besonders gross. «Ich kann gar nicht sagen, wie viele Radsportler mich seit Zürich gebeten haben, mich bei Wettkämpfen noch stärker für Rennradios einzusetzen.»

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