Wollte er sich damit verewigen? Der Brite James Knox (28) ist auf der fünften Vuelta-Etappe der erste männliche Rad-Profi, der eine gelbe Karte kassiert. Der Brite tut bei einem Anstieg so, als würde er einem rennenden Fan einen Bidon schenken, gibt ihn aber nicht her. Irgendwann stolpert der Zuschauer und stürzt.
Für die UCI ist klar: Knox gehört bestraft. Die Begründung des Rad-Weltverbandes im Wortlaut: «Unangemessenes, unanständiges oder gefährliches Verhalten gegenüber Zuschauern». Neben der gelben Karte kassiert Knox 200 Franken Busse, dazu werden ihm 10 UCI-Punkte abgezogen.
Insgesamt 15 gelbe Karten haben die UCI-Kommissäre in den ersten zwei Vuelta-Wochen verteilt. Fünf davon kassierte das französische Decathlon-Team in der elften Etappe. Die Begründung: Sie hätten an der Spitze des Feldes die Strasse so blockiert, dass Richard Carapaz (31, Ecu) zu Sturz gekommen sei.
«Das war kein normaler Unfall», sagte Carapaz. Decathlon- und Vuelta-Leader Ben O'Connor (28, Aus) konterte: «Wir haben keine Fehler gemacht. Gelb zu bekommen, ist nicht wirklich fair.» Tatsächlich sind die TV-Aufnahmen aus dem Helikopter nicht eindeutig – im entscheidenden Moment, als Carapaz zu Fall kommt, verdeckt ein Baum den Tatort.
«Da muss man schon viel Mist bauen»
Noch haben die neu eingeführten gelben Karten keine Folgen – die Testphase läuft bis Ende Jahr. 2025 ändert sich dies. Wer innerhalb eines Mehretappenrennens zweimal Gelb sieht, wird ausgeschlossen. Drei Gelbe innert 30 Tagen ergeben eine zweiwöchige Sperre. Und wer sechsmal verwarnt wird, darf einen Monat lang kein Rennen fahren.
«Da muss man schon viel Mist bauen. Andererseits wäre es extrem bitter, wenn dies einem Topfahrer vor einer WM oder der Tour de France geschehen würde», sagt der Zürcher Radprofi Fabian Lienhard (31).
Kommissäre wollen sich profilieren
Hört man sich in der Radszene um, gibt es viel Zustimmung für das neue Sanktionssystem der UCI. Oder zumindest: für dessen Grundgedanken, der mehr Sicherheit bringen soll. Das Problem: Liegen keine klaren Beweise vor – so wie im Fall Carapaz – verkommt das Ganze zur Farce.
Ex-Radprofi Michael Schär (37) ist als sportlicher Leiter des Teams Lild-Trek an der Vuelta. Auch er ist für den Rad-VAR, sagt aber: «Das Problem ist die Umsetzung der gelben Karten. Zuletzt wurden sie verteilt, obwohl es keine offensichtlichen Vergehen gab. Da entschieden die Kommissäre völlig subjektiv, ohne dass die Bilder klar Vergehen aufgezeigt hätten. Da gehts aktuell leider auch darum, dass sich manch ein Kommissär als VAR profilieren will. Das finde ich schade.»
Auch Schmid wurde bestraft
Auch ein Schweizer hat bereits eine gelbe Karte kassiert: Mauro Schmid (24). Er wurde wegen einer «gefährlichen Position» auf dem Velo bei einer Abfahrt sanktioniert. Offenbar hatte er den Hintern vom Sattel genommen, um sich über das Oberrohr legen zu können – das ist verboten.
Schmid: «Ich habe in meiner Karriere noch nie eine Busse kassiert. Bis jetzt. Dabei habe ich nichts falsch gemacht, der Kontakt zum Sattel war immer da. Dennoch wurde ich bestraft.» Tragisch sei das nicht, betont er. Noch nicht? «Sollten in Zukunft auch solche Fehler passieren, wäre das natürlich kritisch», so Schmid.