Nach 257,7 Kilometern durch die «Hölle des Nordens» erreicht Silvan Dillier (31) die Ziellinie im Vélodrome. Er ist von oben bis unten mit Schlamm bedeckt, müde und abgekämpft. Und was macht er nach der Rad-Tortur Paris-Roubaix als erstes? Nein, er fällt nicht zu Boden. Er will auch nichts trinken oder essen. «Ich liess ein Foto von mir machen», sagt er lachend. «So ein Moment muss man doch festhalten. Vielleicht erlebe ich ihn nie wieder.»
Worauf der Aargauer anspielt, ist klar: Seit 19 Jahren gab es kein Paris-Roubaix mehr, dass bei solch garstigen Verhältnissen durchgeführt wurde. «Ich wollte das Rennen unbedingt beenden, obwohl ich keine Chance mehr hatte. Das ist wichtig, denn man lernt nie aus. Solche Bedingungen kann man im Training nicht simulieren. Und wer weiss, vielleicht ist es ja schon im nächsten Jahr ähnlich – dann profitiere ich von meinen Erfahrungen.»
«Es war der Horror»
Dillier wird letztlich 49. mit 12:24 Minuten Rückstand. Satte 79 Fahrer klassieren sich nicht – viele stürzen mehrmals, verletzen sich, geben auf. «Ich kam gut durch. Nur im Wald von Arenberg brach mein Sattel», erzählt der Aargauer – als wäre dies eine Kleinigkeit.
Aber eben: Er schafft es, nie zu stürzen. «Bei der Besichtigung waren die Pavé-Abschnitte trocken und sauber. Als wir uns dann im Rennen der ersten Passage näherten, sah ich Angst in den Augen vieler Fahrer. Es war der Horror, Schlamm überall. Wir fuhren wie auf Eis und ich habe in den sechs Stunden viel Dreck gegessen.»
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Dillier denkt nicht, dass das Rennen irregulär war. «Hier zählen halt auch die Skills, die man auf dem Rad hat. Das gehört dazu. Und weil alles so krass war, wurden die Ellbogen nicht so ausgefahren wie zum Beispiel bei der Tour de France.»