Es war eine Überraschung: Im schottischen Stirling gab Marlen Reusser (31) im WM-Zeitfahren nach der ersten Zwischenzeit auf. Später erklärte sie gegenüber SRF: «In diesem Moment wollte ich aufgeben. Ich merkte, dass ich nicht ready war für dieses Zeitfahren, ich war nicht hungrig. Es kam im Rennen der Moment, an dem ich hätte aufdrehen müssen, ich hatte keinen Bock und habe dann einfach gestoppt.»
Reusser hatte Tränen in den Augen. Nationaltrainer Edi Telser (48) musste sie trösten. Nun spricht Telser erstmals über den emotionalen Augenblick. «Natürlich war auch ich überrascht und es ist auch für mich nicht so einfach, Marlens Entscheidung zu verstehen. Wobei es sicherlich einfacher fällt, wenn man die Vorbereitung erlebt hat, die Geschichte dahinter kennt», sagt er.
«Fühlt sich komisch an»
Es gehe hier aber nicht um ihn, so Telser weiter. «Der ganze Verband hat sehr viel in die Vorbereitung auf diese WM investiert – ganz besonders in Marlen, weil die Optimierung des Zeitfahr-Setups mit viel Aufwand verbunden ist. Unser Staff hier in Glasgow stellt sich von frühmorgens bis spätabends in den Dienst unserer Athletinnen und Athleten. Wenn dann eine Athletin auf dem Weg zu einem Medaillengewinn aufgibt, fühlt sich das komisch an für jene, welche hinter den Kulissen arbeiten. Die Staff-Mitglieder jedoch brachten viel Verständnis auf – es realisierten alle schnell, dass er hier nicht um den Sport geht.»
Telser ist überzeugt, dass Reusser gut unterwegs war. «Bei einer solchen Ausgangslage gibts du ein Rennen nicht einfach so auf.» Dennoch stellt er klar: «Die Gesundheit kommt bei uns an erster Stelle, sie steht über dem Sport. Wir werden die Geschehnisse zu gegebener Zeit in Ruhe analysieren und die Erkenntnisse in die Planung der nächsten Saison einfliessen lassen. Im Zentrum steht für uns, dass es Marlen gut geht.»
Bei Strassenrennen am Start
Reusser wird am Sonntag das Strassenrennen bestreiten, bestätigt Telser. «Im Strassenrennen benötigt sie keine Atempause. Dort fährt man Frau gegen Frau, nicht gegen sich selbst – das ist eine andere Geschichte. Marlen wird am Sonntag gemeinsam mit Elise Chabbey und Elena Hartmann sowie den im gleichen Rennen fahrenden U23-Athletinnen Noemi Rüegg, Noëlle Rüetschi und Linda Zanetti das Schweizer Team bilden.» (mam)