Hätte ein Stefan Küng (29) in bester Verfassung Remco Evenepoel (23) beim Giro-Auftakt geschlagen? Eher nicht. Der Belgier ist ein Ausnahmetalent, war perfekt vorbereitet und machte keine Fehler. Küng fuhr auf Rang 5, er verlor 43 Sekunden. Ein Desaster? Nein. Enttäuschend war es dennoch, dass er 14 Sekunden auf einen Fahrer wie João Almeida (24) einbüsste – den Portugiesen müsste Küng normalerweise distanzieren. Warum es nicht klappte? Drei Gründe sind entscheidend:
Zu kurze Vorbereitung
Von den Top-Zeitfahrern hatte Küng das mit Abstand happigste Programm im Frühling. Paris-Nizza, E3 Saxo Classic, Gent-Wevelgem, Quer durch Flandern, Flandernrundfahrt, Paris-Roubaix – Küng fuhr oft und vor allem mit Ambitionen. Das kostete Energie. Endlich zu Hause, musste er zuerst runterfahren. Gleichzeitig taten die vier Wochen Rennpause nicht gut. «Ich wusste, dass es zeitlich für den Giro knapp werden würde», gibt Küng zu. Es war zu knapp.
Strecke zu wenig technisch
Auf den 19,6 Kilometer entlang der Adria ging es hauptsächlich in eine Richtung: geradeaus. «Ich hätte mir schon gewünscht, dass es mehr Richtungsänderungen gegeben hätte.» Richtungsänderungen hätten Küng geholfen – mit seiner Wucht hätte er sie locker gemeistert.
Superman Evenepoel
Tritt der 1,71 Meter grosse Belgier zu einem Rennen an, muss man mit allem rechnen – auch mit einer Galavorstellung. Genau diese lieferte er ab. Auch die anderen, die Küng schlugen, fuhren über ihrem gewohnten Verhältnis (Ausnahme: Roglic). Warum? Weil sie sich perfekt auf den Giro vorbereitet hatten.
Noch ist für Küng nicht aller Tage Abend. «Ich stecke den Kopf nicht in den Sand», sagt er. Sein Fokus liegt bereits auf dem zweiten Zeitfahren – auf der 9. Etappe am Sonntag möchte der neue Papi zuschlagen. Es müsste ihm besser liegen, weil es abwechslungsreicher und mit 35 Kilometer deutlich länger ist. Gleichzeitig wird er dann wieder im Rennrhythmus sein.