Das bewegte Leben von Dill-Bundi (†65)
Olympiasieger, abgezockt von der Ex, Hirntumore

Robert Dill-Bundi, der einzige Schweizer Olympiasieger auf der Bahn, ist im Alter von 65 Jahren verstorben. Bekannt für seine Goldmedaille 1980 in Moskau, hinterlässt er eine bewegende Lebensgeschichte voller Höhen und Tiefen.
Publiziert: 17.09.2024 um 14:29 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2024 um 15:44 Uhr
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Die Schweizer Radsport-Legende Robert Dill-Bundi ist tot.
Foto: Sven Thomann/Blicksport

Auf einen Blick

  • Radsport trauert um Olympiasieger Robert Dill-Bundi
  • Er war der einzige Schweizer Olympiasieger auf der Bahn
  • Erkrankte dreimal an Hirntumoren, überlebte nur dank Elektrotherapie
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Carlo Emanuele FrezzaReporter Fussball

Die Schweizer Radsportszene weint. Wenige Tage vor dem Start der WM in Zürich trauert sie um Robert Dill-Bundi (†65). Seine Kinder aus erster Ehe informierten am Montag über seinen Tod.

Dill-Bundi ist nicht irgendwer im Schweizer Radsport. Bis heute ist der Walliser, den alle liebevoll Röbi nannten, der einzige hiesige Olympiasieger auf der Bahn. 1980 in Moskau holte er in der Einzelverfolgung über 4000 m Gold. Das Foto, als er unmittelbar nach der Zieldurchfahrt niederkniete und die ovale Holzbahn küsste, ging um die Welt. Die politische Dimension seines Handelns war ihm zu jenem Zeitpunkt aber nicht bewusst – der Kuss geschah auf purer Freude.

Doch weil es sich um die ersten Olympischen Spiele in einem sozialistischen Land handelte, sagten ihm einige wegen des Kusses Sympathien mit der Sowjetunion nach. Zu spüren kriegte Dill-Bundi das bei seiner Rückkehr in die Schweiz. Als «Kommunistenschwein» wurde er damals beschimpft. Die Kontroverse um seine Person machte Dill-Bundi auf dem Velo aber nicht langsamer. Er wurde später Weltmeister auf der Bahn und gewann auf der Strasse Etappen am Giro d’Italia sowie an der Tour de Romandie.

Liebe in der Karibik

1988 trat Dill-Bundi zurück. Dem Radsport blieb er zunächst in verschiedenen Rollen treu. Unter anderem auch als sportlicher Leiter der offenen Rennbahn in Oerlikon ZH, wo am Sonntag das WM-Zeitfahren der Männer gestartet wird. Lange dauerte seine Zeit als Funktionär aber nicht.

Denn das Schicksal meinte es leider nicht gut mit Dill-Bundi. Er war erst 41-jährig, als er 1999 den ersten Hirntumor entfernen liess. Zwei Jahre später dieselbe Diagnose. «Auf dem Rennrad war ich ein Sauhund, habe meinen Gegnern auch in den schmerzvollsten Momenten nie eine Schwäche gezeigt. Genau wie ich meine Konkurrenten behandelt habe, gehe ich mit meinen Tumoren um», sagte er einst zu Blick.

Nach den beiden erfolgreich verlaufenen Hirntumor-Operationen erholte sich Dill-Bundi in der Karibik. Und verliebte sich – in die 22 Jahre jüngere Kubanerin Yamila. Obwohl ihn seine Freunde warnten, führte er die Latina zwei Jahre später Anfang 2006 in einer kleinen, katholischen Kapelle in Santiago de Cuba vor den Traualtar. Daraufhin zogen die beiden in die Schweiz. Ihrer Familie überwies er zu jener Zeit monatlich rund 1000 Franken.

Im Herbst 2006 erkrankte Dill-Bundi erneut an einem Gehirntumor. Anders als die zwei früheren Wucherungen war dieser Tumor bösartig und inoperabel. Der Arzt bezifferte seine Überlebenschance auf 18 Prozent. Nur dank einer neuartigen Elektrotherapie schrumpfte der Tumor, der die Dimension eines Hühnereis hatte, bis 2012 auf die Grösse eines Daumennagels. Gleichzeitig wurden ihm 30 Prozent des Gehirns entfernt. Im Frühling 2013 dann die Nachricht, auf die alle gewartet hatten: Die Ärzte erklärten den ehemaligen Radprofi als geheilt.

Die Freude war riesig. Und Dill-Bundi beschloss, mit Yamila in ihr Heimatland auszuwandern, wo sie für umgerechnet 50'000 Franken ein Haus bauen liessen. «Weil in Kuba der durchschnittliche Monatslohn bei 25 Franken liegt, war ich mir sicher, dass ich dort mit meiner IV-Rente von knapp 3000 Franken wunderbar leben könnte. Doch leider Gottes hat mir meine liebe Frau einen dicken Strich durch diese Rechnung gemacht», erzählte er vor neun Jahren im Blick.

Hart im Nehmen – immer und überall

Yamila zockte Dill-Bundi gnadenlos ab und setzte ihn vor die Tür. Weil das Haus auf Yamilas Familienname eingetragen war, konnte er nichts für sich beanspruchen. «Ich habe auf Kuba rund 200'000 Franken verlocht.» Finanziell ruiniert kehrte er in die Schweiz zurück. Seither lebte er am Existenzminimum.

Öffentlich beklagt hat sich Dill-Bundi aber zu keiner Zeit – ganz im Gegenteil. «Das Leben ist immer lebenswert. Der Kampf lohnt sich», sagte er erst vor drei Jahren. Er wolle 80 werden, oder besser gar 100. Das Schicksal hatte aber wie so oft in seinem Leben andere Pläne für ihn. Knapp zwei Monate vor seinem 66. Geburtstag ist er für immer eingeschlafen. Gute Reise, Röbi.

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