Was sich am 28. September 1996 in Madrid abspielt, ist historisch. Erster, Zweiter und Dritter – Alex Zülle, Laurent Dufaux und Tony Rominger. Die Schweizer erobern das gesamte Podest der Vuelta a España. Einen solchen Velo-Triumph gab es vorher nie und danach sowieso nicht mehr. «Die drei fuhren allen um die Ohren», erinnert sich Rolf Järmann.
Der 55-Jährige war 1996 einer von sechs Schweizer Vuelta-Teilnehmern. «In der Schweiz jubelten alle. Aber ich litt damals, hatte Fieber und gab in der 16. Etappe auf. Umso mehr freute ich mich über den Dreifachsieg, denn dadurch liessen mich die Medien in Ruhe», sagt er schmunzelnd.
Wundermittel EPO regierte
Ein Vierteljahrhundert ist vergangen, seit die Schweizer Rad-Spanien eroberten. Es war auch das letzte Mal überhaupt, dass ein helvetischer Fahrer bei einer Grand Tour (Giro, Tour de France und Vuelta) zuoberst stand. «Zülle war extrem stark. Aber man musste ihm sagen, was er machen sollte. Ich mochte ihn sehr, wir gingen sogar zusammen in die Ferien», erinnert sich Järmann. Letztlich sei ihm seine Leichtgläubigkeit auch zum Verhängnis geworden. «Er hat wenig hinterfragt. Wenn ihm die Ärzte etwas gaben und sagten, es sei gut, fragte Alex auch nicht nach», so Järmann.
Worauf er anspielt, ist klar: Doping. 1998 wurden er und viele andere Profis überführt – auch Dufaux. «Ich schätze, dass etwa 70 Prozent des Pelotons EPO spritzte. Und von jenen, die im Gesamtklassement vorne mitfuhren, wohl alle. Aber letztlich waren das auch so die stärksten Fahrer. Hätte niemand gedopt, wären sie ebenfalls vorne gelandet.»
Järmann sieht seine Aussage nicht als Rechtfertigung für den grossen Velo-Bschiss. Auch er dopte und packte Jahre später aus. Dennoch: Schmälern dürfe man die damalige Leistung der drei Radgenossen nicht. «Für Zülle freute ich mich richtig. Zu Rominger hatte ich eher ein distanziertes Verhältnis, er war damals schon ein Star. Und mit Dufaux hatte ich das Heu nicht auf der gleichen Bühne», so Järmann.
Heute ist Järmann Webmaster und Informatiker. Und seit neuestem auch Präsident des Vereins Wohnmobilland Schweiz. «Mit einem 50-Prozent-Pensum. Ich habe viel zu tun, im November will ich aber mit dem Camper nach Marokko.» Bleibt ihm da wenigstens Zeit, um die Vuelta zu verfolgen? «Wenig. Aber wenn ich durchzappe und ein Radrennen läuft, lege ich die Fernbedienung weg. Das ist immer noch so», sagt er.
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«Mäder könnte gross rauskommen»
Sicher ist: Einen Dreifach-Triumph wie 1996 werden die Schweizer diesmal nicht feiern – allein schon aus dem banalen Grund, dass nur zwei (Johan Jacobs und Gino Mäder) dabei sind. Järmann: «Mäder ist ein super Fahrer, er könnte eines Tages gross rauskommen. Mein wichtigster Rat an ihn ist: Gewinne das Vertrauen deiner Teamkollegen. Helfe ihnen, auch bei kleineren Rennen, und sie werden dir helfen.»
Genau das macht Mäder derzeit – er ist bei Bahrain-Victorious ein wichtiger Helfer des spanischen Leaders Mikel Landa (31).