Nach dem Gala-Auftritt im 100m-Olympiafinal am Samstagabend steht für Mujinga Kambundji in Tokio am Montagmorgen Ortszeit wieder der Alltag auf dem Programm: Vorlauf über 200 m. Wobei, was heisst bei den Schweizer Sprinterinnen im Moment schon Alltag? Kambundji läuft in ihrem Lauf der Konkurrenz locker davon, nimmt am Ende sogar noch etwas Tempo raus. Dann der Blick auf die Anzeigetafel: 22,26 Sekunden! Heisst übersetzt: Wie schon im Vorlauf über 100 m egalisiert sie ihren eigenen Schweizer Rekord! Wenn das mal kein gutes Omen ist. Blick hat nach dem Rekordlauf mit der 29-Jährigen gesprochen.
Blick: Mujinga Kambundji, Sie haben zum zweiten Mal bei diesen Spielen in einem Vorlauf am Vormittag einen Schweizer Rekord egalisiert. Werden Sie plötzlich zum Morgenmensch?
Kambundji: (lacht) Ich bin erstaunt. Ich war vor dem Lauf ein bisschen müde, habe mich auch nicht so intensiv aufgewärmt. Ich wollte möglichst wenig Energie verschwenden. Der Plan war, ohne grossen Aufwand durchzukommen.
Sie haben sehr locker gewirkt, am Schluss sogar Tempo rausgenommen. Sind Sie erschrocken, als am Ende die Rekordzeit auf der Anzeigetafel stand?
Ja! Ich wollte einen guten Lauf machen, ohne mich zu verkrampfen. Manchmal sind das dann genau die Läufe, die richtig gut herauskommen. Wenn ich gewusst hätte, dass die Zeit so gut ist, hätte ich wahrscheinlich voll durchgezogen. (lacht) Aber ich bin sehr zufrieden, ich freue mich richtig, heute Abend gleich wieder zu laufen.
Wie hat sich der Effort vom Samstag ausgewirkt?
Der Samstag war emotional sehr anstrengend, positiv wie negativ. Ein freier Tag wie der gestrige Sonntag mag dem Körper zwar gut tun, für den Geist ist es aber manchmal gar nicht schlecht, einfach dranzubleiben, dann studiert man nicht so viel rum. Aus dieser Perspektive waren die letzten beiden Tage anstrengend.
Wie haben Sie den freien Sonntag genutzt?
Zuerst habe ich versucht, zu schlafen. Es ist gar nicht so einfach, runter zu fahren, wenn das System noch auf vollen Touren läuft und man am nächsten Tag frei hat. Dann habe ich gut gegessen und war zweimal in der Physio. Der Körper hat sich gut erholt, der Kopf auch, ich habe mich darauf gefreut, heute zu laufen.
Sie sind über 100 m dreimal unter 11 Sekunden gelaufen, über 200 m sind Sie auch schnell. Das Olympiastadion hier scheint Ihnen zu liegen.
Ich muss sagen: Obwohl das Stadion praktisch leer ist, ist die Stimmung hier drin gar nicht schlecht. Obwohl es mit 68'000 Zuschauern natürlich noch viel besser wäre, logisch! Für mich passt es hier.
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Was sagen Sie zur Bahn?
Sie ist sehr schnell. Mit wenig Wind oder sogar mit Gegenwind sind extrem schnelle Zeiten möglich. Die Bahn ist super. Die Bedingungen im Stadion sind generell sehr angenehm, sogar in der Vormittagshitze geht es hier drin. Draussen ist es eher am Limit, beim Aufwärmen war es wirklich extrem heiss.
Eine entspannte persönliche Bestzeit, eine schnelle Bahn, ein Stadion, das Ihnen liegt. Sie scheinen noch mehr im Tank zu haben.
Definitiv. Aber man muss es zuerst immer auf die Bahn bringen.
Das gelingt im Vorlauf nicht allen. Während Kambundji die viertbeste Zeit aller Konkurrentinnen aufstellt, verpokert sich die Jamaikanerin Shericka Jackson komplett: Auf den letzten 50 Metern nimmt sie viel Tempo raus, will locker ins Ziel laufen – und wird von der Italienerin Dalia Kaddari noch abgefangen! Weil Jacksons Vorlauf nicht besonders schnell ist, kann sich die 100m-Bronzesprinterin auch nicht als eine der schnellsten Verliererinnen für die Halbfinals qualifizieren. Ein Desaster! Mehr Glück hat Dafne Schippers. Die Holländerin verkalkuliert sich ebenfalls beinahe, rettet sich aber um einen Hundertstel auf den sicheren dritten Vorlauf-Platz. Die 200m-Halbfinals beginnen am Montag um 12.25 MEZ.
Die 32. Olympischen Sommerspiele finden vom 23. Juli bis 8. August 2021 in der japanischen Hauptstadt Tokio statt. Alle Infos zur Eröffnung, Übertragung, Wettkampfterminen, Disziplinen, Neuerungen, Austragungsstätten und Maskottchen erfahren Sie in der grossen Übersicht.
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