Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Mujinga Kambundji und Ajla Del Ponte sprinten in Tokio in den 100-m-Final. Der grösste Event in der Weltsportart Leichtathletik, und zwei Schweizerinnen stehen unter den besten acht.
Der absolute Wahnsinn, unmöglich, da sind doch Jamaikanerinnen, Amerikanerinnen und Britinnen unter sich. Tessinerinnen und Bernerinnen? Die gucken üblicherweise zu und staunen. Dass eine Tessinerin «und» eine Bernerin im Final in die Startblöcke steigen – gäbe es keine TV-Aufnahmen, kein Mensch würde das einem glauben.
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Aber wir sehen die Bilder, atmen kurz durch und stellen ganz nüchtern fest: Dieser Erfolg ist mehr wert als manche Medaille bei diesen Olympischen Spielen. Vielleicht noch im Schwimmen ist die Leistungsdichte vergleichbar mit jener in der Leichtathletik. Nichts gegen Mountainbiker und Schützinnen, aber das hier ist die Champions League. Der 100-m-Sprint bei Olympia. Die Königsdisziplin eben.
Und so mögen Kambundji und Del Ponte bloss ein olympisches Diplom in die Hand gedrückt bekommen, während andere mit Edelmetall in die Schweiz zurückfliegen. Das spielt keine Rolle. Das ist ganz gross. Ein Effort für die Ewigkeit, hart erarbeitet und kompromisslos erkämpft.
Jahrelang den Weg gegangen
Jahrelang waren die beiden bereit, ihren eigenen Weg zu gehen. Kambundji landete via Deutschland, Holland und London wieder in Bern, Del Ponte zog aus in die Niederlande. Beide taten alles dafür, um immer noch mehr Speed zu finden. Das hat sich in Erfolgen wie Kambundjis WM-Bronze über 200 m 2019 oder Del Pontes Hallen-EM-Titel über 60 m im Frühjahr schon bezahlt gemacht.
Am Samstagabend in Tokio haben sie sich jedoch noch einmal auf ein neues Level gehievt.