Er vergräbt sein Gesicht in den Händen, sinkt auf der Matte in die Knie. Das darf doch nicht wahr sein! Es kommt schon wieder zum olympischen Drama um Nils Stump (27).
Die Aargauer Medaillenhoffnung muss sich direkt zum Auftakt der Kategorie bis 73 kg Erdenebayar Batzaya (24) geschlagen geben. Im Golden Score – der Verlängerung nach den regulären vier Minuten – unterliegt er dem Gegner aus der Mongolei und bleibt geschockt zurück. Ungläubig rauft er sich die Haare, schüttelt den Kopf. Sein Olympia-Albtraum wiederholt sich. Schon vor drei Jahren in Tokio hatte er im ersten Kampf eine Niederlage eingesteckt. Jetzt wird der Mann, der im Vorjahr WM-Gold und heuer WM-Bronze holte, erneut beim Start eliminiert.
Als Stump wenig später in der Pressezone auftaucht, sinkt er zunächst wieder zu Boden, stützt sich an der Absperrung ab und lässt den Kopf hängen. Dann sagt er geknickt: «Ich hatte andere Pläne, andere Ziele. Dies nach Tokio erneut zu erleben, ist natürlich scheisse.» Und er denkt sofort an die Fans auf der Tribüne in der Arena Champ de Mars, unweit des Eiffelturms, an seine Familie und Freunde: «Es tut mir leid für alle, die hierherkamen, für alle, die ich enttäuscht habe – genauso wie ich mich selbst enttäuscht habe.»
«Hart, aber es gehört dazu»
Stump versucht, die Fassung zu wahren. Er weiss, dass er «eigentlich gut begonnen» und den Gegner im Griff, ja sogar am Rande einer Niederlage, hatte: «Bis zum blöden Fehler im Golden Score. Das darf nicht passieren, doch im Judo kann es eben schnell gehen.»
Und wie. Statt am Abend im grossen Final um Edelmetall zu kämpfen, ist für ihn der Entscheidungstag, auf den er jahrelang hingearbeitet hat, schon vor dem Mittag vorbei. «Das ist hart, aber es gehört dazu. Damit muss man leben können.»