Haben Sie an diesen Olympischen Spielen schon Skateboarding geschaut? Vielleicht nicht. Die Sportart geniesst in der Schweiz auch keine Priorität. Und dennoch war es erstaunlich, was sich zuletzt im «Women’s Street», wie der Wettbewerb genannt wird, ereignete.
Denn: Entgegen der offiziellen Bezeichnung wurde der Final nicht von Frauen (Women), sondern von Jugendlichen bestritten. Oder sagen wir etwas kulanter: von sehr jungen Frauen. Keine der acht rangierten Skateboarderinnen hat ihr 20. Lebensjahr schon erreicht. Der Altersschnitt lag bei knapp 16, die japanische Siegerin Coco Yoshizawa ist 14 Jahre alt.
Es geht aber noch extremer. Beim «Women’s Park», wo tollkühne Tricks auf dem Rollbrett zelebriert werden, steht am 6. August eine Elfjährige am Start. Ihr Name: Zheng Haohao. Die Chinesin ist die jüngste Olympionikin in Paris.
Schweizer Olympia-Boss: «Sehe es kritisch»
Mehr denn je stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, Kinder und Jugendliche für einen so grossen Event zuzulassen. Immerhin kann der Druck, der auf ihren Schultern lastet, enorm sein – schliesslich sind sie nicht alle nur da, um einfach mitzumachen. Kann ein so junger Mensch mit der Erwartungshaltung, der möglichen Enttäuschung, aber auch mit dem Ruhm umgehen?
Blick fragt bei Ralph Stöckli, dem Schweizer Chef de Mission, nach. «Ich persönlich sehe es kritisch, wenn so junge Athletinnen und Athleten bereits auf höchster Ebene, sei es bei Olympischen Spielen, bei Weltmeisterschaften oder anderen grossen Wettkämpfen, antreten», sagt er.
Elfjährige Chinesin will ab und zu lieber spielen
Der Fall der elfjährigen Haohao Zheng ist besonders krass. Sie spricht in einem Bericht von «China Daily» davon, dass mit der Qualifikation für die Spiele ein Traum wahr geworden sei. «Nun werden mich mehr Leute kennenlernen. Ich fing mit Skateboarding an, um neue Freunde zu finden und Spass zu haben», so Zheng.
Sie war jedoch so gut, dass man sie förderte. Die Chinesin gibt zu: «Es ist hart, wenn meine Mutter mich fürs Training ruft, ich aber am Spielen bin.» Sie würde ab und zu fragen, ob sie das Training sausenlassen dürfe – aber dann gehe sie trotzdem.
Müsste es ein Mindestalter geben?
Stöckli sagt ganz grundsätzlich: «Ich finde, dass Kinder und Jugendliche in erster Linie Spass haben sollen an dem, was sie machen und dass der Erfolg in diesem Alter zweitrangig ist.»
Er plädiert für die Einführung eines Mindestalters, wobei die Sportverbände mitziehen müssten. «Der Druck und die Last, in diesem Alter auf der olympischen Bühne und in diesem Scheinwerferlicht ein ganzes Land zu vertreten, scheint mir zu hoch.»