Olympia-Check im Schwimmen
Leise Enttäuschung, aber goldene Aussichten

Im Olympia-Check zieht Blick bei abgeschlossenen Disziplinen Bilanz. Sie fällt im Schwimmen durchzogen aus. Von den beiden grössten Medaillen-Trümpfen hat nur Roman Mityukov gestochen, Noè Ponti blieb unter den Erwartungen.
Publiziert: 05.08.2024 um 13:13 Uhr
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Er sorgte für das Highlight aus Schweizer Sicht: Roman Mityukov gewann über 200 Meter Rücken Bronze.
Foto: keystone-sda.ch
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Patrick MäderAutor Blick Sport

Die Bilanz

Drei Finaleinzüge, vier Halbfinals und als Krönung eine Bronzemedaille. Diese Bilanz ist nicht deckungsgleich mit den Erwartungen von Swiss Aquatics. Damit sind nicht diejenigen gemeint, die man offiziell im Vorfeld verkündet hatte, sondern diejenigen, von denen man sich erhofft hatte, dass sie in Erfüllung gehen. Olympische Spiele sind halt nicht Europameisterschaften oder Weltmeisterschaften. Der Druck ist ungleich grösser, das Interesse auf der ganzen Welt riesig. In den ersten Olympiatagen ist bei den Schweizern gar nichts gelaufen. Das hat den Druck auf das Team zusätzlich erhöht. Danach wurde es besser. Aber am Ende kann man mit einer Bestzeitenquote pro Rennen von nicht ganz 30 Prozent nicht zufrieden sein. War doch die ganze Vorbereitung über Jahre vor allem auf dieses eine Ziel ausgerichtet: während den Olympischen Spielen in Bestform zu sein.

Das Highlight

Als Roman Mityukov (24) nach dem Vorlauf über 100 Meter Rücken zum Interview kam, hatte er die Hundertstel, die ihm zum Einzug in die Halbfinals fehlten, bereits abgehakt. Für ihn zählte nur der Wettkampf über 200 Meter, seine Paradedisziplin. Da wollte er eine Medaille gewinnen, diesem Ziel hatte er in den letzten Jahren alles untergeordnet. Und auch in Paris galt sein ganzer Fokus dieser Disziplin. Er schaltete sein Handy aus, um in seinem Tunnel nicht gestört zu werden. Im Vorlauf war er der Schnellste, im Halbfinal der Zweitschnellste und im Final der Drittschnellste. Danach war die Freude riesig, die Genugtuung gross. Aber er flippte nicht aus. Diese Medaille war keine Sensation für ihn. Er hatte sie von sich erwartet, und er hat geliefert. Wir ziehen den Hut! Dieser Mann hat sein Potenzial noch nicht ausgeschöpft.

Die leise Enttäuschung

Noè Ponti (23) ist mit grossen Ambitionen nach Paris gereist. Noch an den Schweizer Meisterschaften in Uster ZH im April pulverisierte er seinen Schweizer Rekord über 100 Meter Schmetterling und schürte mit der Zeit von 50,16 Sekunden grosse Hoffnungen auf eine Medaille bei Olympia. Plötzlich war er gar ein Goldkandidat. Der Wettkampf fing mit den 200 Meter Schmetterling gut an. Ponti schnupperte an der Medaille, belegte schliesslich Rang fünf, was fünf Ränge besser war als noch bei Olympia 2021 in Tokio. «Ich weiss jetzt, dass meine Form stimmt», sagte er zuversichtlich. Den hohen Erwartungen konnte er über 100 Meter nicht standhalten. Zu verhalten startete er auf der ersten Länge, zu unpräzise war der Anschlag nach zwei Längen, der ihm schliesslich die Bronzemedaille kostete. Aber man muss auch festhalten, dass zur Spitze doch ein ganzes Stück fehlte. Hätte Ponti seinen Schweizer Rekord vom April wiederholt, er wäre immer noch 26 Hundertstel hinter Sieger Kristof Milak geblieben.

Der Untröstliche

Antonio Djakovic (21) war in Tränen aufgelöst, er schluchzte in die Kamera von SRF, dass er wohl seine Familie enttäuscht hätte. Es war herzzerreissend. Viermal stand der junge Thurgauer am Start, viermal wurde er Letzter in seinem Lauf. Über 400 Meter Freistil, über 200 Meter Freistil sowie in der 4x200-m-Freistil-Staffel und in der 4x100m-Lagen-Staffel. Ein Frust. Das hat sich Djakovic ganz anders vorgestellt. Nach dieser Enttäuschung erholt sich der 21-Jährige nun in Kroatien am Meer. Danach geht das Training wieder los. Nicht ohne Kampfansage: «Das war eine Lektion für mich. Ich werde daraus lernen und stark zurückkommen. Nächstes Jahr ist die WM in Singapur. Ich werde bereit sein.»

Die Zukunft

Der Schweizer Schwimmsport hat eine junge, hungrige Generation am Start, die künftig ohne Jérémy Desplanches auskommen muss. Der 30-jährige Genfer, der die Spur für die Jungen geebnet hat, tritt zurück. Wie kein anderer repräsentiert Desplanches den harten Arbeiter, der es mit viel Training, Fleiss und Wille an die Weltspitze geschafft hat. Die Schweizer Schwimmer dürfen sich jetzt nicht auf dem Erreichten ausruhen. Die Arbeit muss weitergehen, auch das letzte Detail, das optimiert werden kann, muss in den Fokus rücken. In diesem Team steckt so viel Talent und Potenzial, dass es nicht vermessen ist, sich in vier Jahren bei den Spielen in Los Angeles das Ziel zu setzen, nicht mehr nur um Bronze zu kämpfen, sondern um Gold.

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