Mityukov holt sensationell Bronze über 200 m Rücken
0:32
Die letzten 50 Meter im Video:Mityukov holt sensationell Bronze über 200 m Rücken

Bronze-Held Roman Mityukov
«Diese Medaille habe ich mir verdient»

Diese Medaille wollte er unbedingt. Dafür hat er geschuftet und auf ganz viel verzichtet. Wer ist dieser Roman Mityukov?
Publiziert: 01.08.2024 um 22:28 Uhr
|
Aktualisiert: 01.08.2024 um 23:26 Uhr
1/11
Roman Mityukov hats geschafft, gewinnt Olympiabronze: «Ich wusste, dass ich das draufhabe.»
Foto: AFP

Roman Mityukov hatte vor den Olympischen Spielen einen Traum. Er stand in Paris auf dem Podium zuoberst und sang die Schweizer Hymne, so erzählte er es der Tribune de Genève. Es war der 1. August und Mityukov hatte soeben das Rennen über 200 Meter Rücken gewonnen.

Traum und Wirklichkeit decken sich nicht ganz. Mityukov hat am Schweizer Nationalfeiertag die Bronzemedaille gewonnen, eine herausragende Leistung des Genfers, der am Dienstag seinen 24. Geburtstag feierte. Auf die Nationalhymne musste er verzichten. Er hätte jede Strophe auswendig gekonnt. Aber das ist ihm jetzt egal. Um 49 Hundertstel unterbot er seinen eigenen Schweizer Rekord, drei Hundertstel fehlten ihm auf Silber, 59 Hundertstel auf Gold, welches sich der Ungar Hubert Kos sicherte. «Im Ziel hatte ich etwas Wasser in der Brille», sagte Mityukov nach dem Rennen. «Ich konnte nicht erkennen, was auf der Anzeigetafel steht. Als ich die Brille dann abgenommen habe, sah ich die drei neben meinem Namen. Ein unglaubliches Gefühl. Ich hab es tatsächlich gepackt. Ich wusste, dass ich das draufhabe.»

Seit zwei Jahren voll auf Olympia fokussiert

Roman Mityukov ist ein interessanter Mensch. Er unterteilt sein Leben in Zeiteinheiten. Vor einem Wettkampf ist für ihn wichtig, dass er weiss, was auf ihn zukommt. Dann berechnet er die Zeit, die er zum Essen braucht, die Zeit, die er braucht, um zum Wettkampf zu gelangen, die Zeit, die er zum Aufwärmen braucht. Bis er auf dem Startblock steht. Dann ist nur noch eines wichtig: So wenig Zeit wie möglich zu benötigen, um auf dem Rücken die vier Bahnen zu schwimmen. Clément Bailly ist sein Trainer, bloss sechs Jahre älter als sein Schützling. Ihr Verhältnis basiert auf Respekt und Verbundenheit. «Roman ist ein ruhiger Mensch, sehr intelligent. Wenn es ums Sportliche geht, entwickelt er einen grossen Ehrgeiz.» Seit sechs Tagen habe Roman das Telefon abgeschaltet, um in seiner Konzentration nicht gestört zu werden. «Das fing vor zwei Jahren an», sagt Bailly, «da fokussierte sich Roman bereits darauf, in Paris der Beste zu sein.»

Wenn Mityukov aus gesundheitlichen Gründen mal ein Training verpasst, was fast nie vorkommt, dann denkt er, dass seine Konkurrenten jetzt im Wasser sind und trainieren und so ihre Medaillenchancen vergrössern, während er nur herumsitzt und nichts tut. Der Genfer, der noch bei seinen Eltern wohnt, ist mit 1,80 Meter für einen Rückenschwimmer eher klein. Er denkt darum, dass er härter trainieren müsse als die anderen, um das Defizit aufzuholen. Was er vielen anderen voraushat, ist seine Schnellkraft und sein Talent, das bei ihm bereits mit fünf Jahren bemerkt wurde, als er beim Schwimmklub Genève Natation seine Karriere lancierte.

Sechs Stunden Training am Tag

Der Schweizer mit russischen Wurzeln ist ein Perfektionist, ein Asket, der bereits ein schlechtes Gewissen hat, wenn er mal ein Sprite trinkt statt klares Wasser. Alkohol und Nikotin kämen für ihn nie infrage. An seinem austrainierten Körper ist kein Gramm Fett zu sehen. Auch neben dem Schwimmen überlässt er nichts dem Zufall, hat ein klares Ziel, dass er mit aller Konsequenz verfolgt – sein Studium der Rechtswissenschaften. Dieses muss er am Schwimmen vorbeibringen. Im Durchschnitt trainiert Mityukov fünf bis sechs Stunden täglich, dazu das Studium. Viel Zeit für Freizeit bleibt da nicht mehr.

Schweizer Schwimmmedaillen bei Olympia

Etienne Dagon, Los Angeles 1984: Bronze, 200 m Brust
Jérémy Désplanches, Tokio 2021: Bronze, 200 m Lagen
Noè Ponti, Tokio 2021: Bronze, 100 m Schmetterling
Roman Mityukov, Paris 2024: Bronze, 200 m Rücken

Etienne Dagon war der erste Schweizer Schwimmer, der eine Olympiamedaille gewann.
Keystone

Etienne Dagon, Los Angeles 1984: Bronze, 200 m Brust
Jérémy Désplanches, Tokio 2021: Bronze, 200 m Lagen
Noè Ponti, Tokio 2021: Bronze, 100 m Schmetterling
Roman Mityukov, Paris 2024: Bronze, 200 m Rücken

Dass sich der ganze Verzicht, der Fleiss, das harte Training, die Schmerzen, irgendwann bezahlt machen würden, daran glaubte Mityukov stets. Seit Donnerstagabend weiss er, wie schön sich das anfühlt, Olympiamedaillengewinner zu sein. «Man muss zur richtigen Zeit da sein, und ich war zur richtigen Zeit da. Ich arbeite sehr hart, und ich denke, dass ich mir diese Bestzeit und diese Medaille heute verdient habe.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?