Dieser Mann ist eine lebende Schweizer Olympia-Legende, doch eine pompöse Eröffnungsfeier erlebt Nino Schurter (38) das erste und höchstwahrscheinlich auch zum letzten Mal. Der Mountainbike-Überflieger nimmt in Paris zwar schon zum fünften Mal an den Sommerspielen teil. Doch eine Eröffnungsfeier, die diesen Namen verdient, hat der Bündner dennoch nie erlebt.
In Peking, London und Rio de Janeiro ist das Bike-Rennen im zweiwöchigen Programm erst zum Schluss angesetzt und er folglich jeweils bei der Eröffnung noch gar nicht in der Stadt. Und in Tokio, als die Biker erstmals in den Starttagen schon an der Reihe sind – da ist das Stadion wegen der Corona-Pandemie komplett leer.
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Schurter Anwärter als Fahnenträger
Nun in Paris gibts nicht nur wieder massenhaft Publikum, sondern auch ein beispielloses Spektakel mit Schiffen auf der Seine. Schurter plant, dabei zu sein. Auch wenn er eine Hintertür offen lässt: «Früher war sie zu früh für uns, nun ist sie fast etwas zu knapp vor unserem Rennen. Ich muss zuerst das genaue Programm kennen. Fünf Stunden herumstehen möchte ich drei Tage vor dem Rennen nicht unbedingt.»
Klar ist: Gibt sich Schurter erstmals das volle Eröffnungsfeierprogramm, ist er heisser Kandidat, der männliche Schweizer Fahnenträger zu sein. Höher dekoriert als der Churer mit seinem kompletten Medaillensatz ist kein anderer Kandidat. Und Stan Wawrinka (39) war bereits in London Fahnenträger. Für den weiblichen Part kommt Schützin Nina Christen (30) in Frage.
Vergleichbar mit Schurter, wenn auch nicht identisch, ist die Lage bei Tadesse Abraham (41). Auch wenn der Bike-Überflieger im Vergleich zum Marathon-Läufer den Rücktritt noch nicht bekannt gegeben hat – für die beiden Oldies ist klar: Paris sind ihre letzten Spiele.
Abraham wird zwei Tage nach dem Olympia-Marathon 42 Jahre alt. Für den gebürtigen Eritreer ist Paris das letzte grosse Rennen der Karriere.
Tadesse Abraham reist extra aus Genf an
Doch gleichzeitig erlebt Abraham in Paris eine Premiere. «Ich habe noch nie eine Olympia-Eröffnungsfeier erlebt», schildert er gegenüber Blick, «weil der Marathon ja immer erst am Schluss stattfindet. Doch dieses Mal werde ich dafür anreisen. In drei Stunden von Genf aus bin ich in Paris. Danach fahre ich wieder nach Hause und kehre dann erst für mein Rennen zurück.» In Rio 2016 und Tokio 2021 war eine Extra-Anreise undenkbar.
Für seinen letzten grossen Auftritt bereitete sich Abraham neben dem gewohnten Höhentrainingslager in St. Moritz auch im italienischen Skiort Sestrieres auf Paris vor. Dort traf sich eine rund zehnköpfige, internationale Athletengruppe für ein Camp. Warum Sestrieres? Abraham: «Es war neutraler Boden für alle in der Gruppe, bei einigen spielten auch das Budget eine Rolle.» Aber der zweite wichtige Faktor war die Lage. Weil die Marathon-Strecke von Paris ziemlich coupiert ist, bereiten sich die Läufer um Abraham ganz bewusst im Gebirge mit Auf- und Abstiegen vor.
Das Profil ist auch der Grund, warum Abraham seinem unverhofft aufgetauchten Teamkollegen Matthias Kyburz (34) eine Topleistung zutraut: «Er ist stark im Kopf, das ist auf dieser Strecke wichtig.»