Mittwoch, 15 Uhr. Noch dauert es 53 Stunden, ehe die Olympischen Sommerspiele mit der Boot-Parade auf der Seine in Paris beginnen. Zumindest offiziell. Denn: Genau in diesem Moment steigt im Parc des Princes der erste Olympia-Event 2024: Fussball der Männer, Usbekistan gegen Spanien. Schon wieder Spanien? Erst gut eine Woche ist es her, seit die iberischen EM-Helden zu Hause im Zarzuela-Palast von König Juan Carlos geehrt wurden.
Von jenem Team sind nur zwei Spieler dabei: Alex Baena (23) und Fermin Lopez (21). «In Spanien interessiert sich kaum jemand für dieses Spiel», sagt Eurosport-Kommentator Alberto Gonzalez. Tatsächlich ist das olympische Fussballturnier der Männer auch aus internationaler Sicht für viele so überflüssig wie ein Kropf. Zur Erinnerung: Hier müssen die Spieler 23 Jahre oder jünger sein – lediglich drei ältere sind erlaubt. Die seit 1992 bestehende Olympia-Regelung ist einmalig. Gonzalez: «Das Fussballturnier der Frauen hat deswegen einen viel grösseren Stellenwert.»
Keine Stars, geringe Bedeutung
Und wie ist es vor Ort? Zwei Stunden vor Spielbeginn, die Euphorie rund um den Parc des Princes so weit weg wie Tahiti, wo die olympischen Surf-Bewerbe ausgetragen werden, von der französischen Hauptstadt. Dann, wie aus dem Nichts, ist immer ein Fussball-Trikot zu sehen – Mbappé, Nummer 9, Real Madrid. Getragen von einem Buben. Er sitzt auf Trottoir neben seiner Grossmutter, isst ein Sandwich und blickt gelangweilt in die Gegend. Und sonst? Nicht viel. Die offizielle Olympia-Boutique vor dem Stadion ist geschlossen. Daneben steht ein Food-Wagen, wo der Verkäufer auf jemanden wartet, der bereit ist, 15 Euro für einen Hamburger mit Pommes auszugeben.
Immerhin: Eine Viertelstunde vor Spielbeginn füllt sich die 48’000-Plätze-Arena. Nun sind auch einige Shirts von Lamine Yamal, dem 17-jährigen Wunderkind, zu sehen. Er wäre für Olympia locker startberechtigt. «Aber erstens sind viele Spieler müde von der langen Saison und zweitens geben die Klubs ihre Spieler oft nicht frei, weil sich diese verletzen könnten», weiss Gonzalez.
Usbeken machen Stimmung
Dann, kurz vor Anpfiff, die Zuschauer werden mittels Video-Erklärung über den Event informiert: «Die Spiele dauern zweimal 45 Minuten und wer am Ende mehr Tore hat, gewinnt.» Aha. Trotzdem: Die Stimmung gut – dank einigen hundert lautstarken Usbeken sogar sehr gut. Auch die meisten anderen Zuschauer drücken dem Underdog die Daumen.
Am Ende gewinnt trotzdem Spanien mit 2:1. Weltbewegend ist das nicht. Es bleibt dabei: Bei Olympia wird aus König Fussball plötzlich Bettler Fussball.