Das Gespräch ist beendet. Andrin Gulich (25) ist unendlich zufrieden über die Bronzemedaille, die um seinen Hals hängt. Er bedankt sich, sagt Tschüss und zum Wohl. Zum Wohl? Gulich muss schmunzeln. Ein Versprecher halt. Doch dann ergänzt er: «Hüt abig gats ab id Möscht. Findes fascht scho denebet, dass i no kes Bier han!»
Gulich lacht herzlich – so, wie sein Naturell halt ist. Ruder-Partner Roman Röösli (30): «Andrin ist ein Sonnenschein. Immer happy, immer aufgestellt.» Wenn Röösli ihn mit einem Tier vergleichen müsste, welches wäre es? «Vielleicht ein Erdmännchen. Die wirken auch immer so zufrieden.» Dann korrigiert er sich: «Nein, Erdmännchen sind zu hektisch, Andrin aber ganz ruhig – erst am Start explodiert er. Er wirkt auf mich wie eine Bulldogge!»
Zweckgemeinschaft? Nicht bei ihnen
Soeben haben Röösli/Gulich in Vaires-sur-Marne, etwa eine Stunde westlich von Paris, die 25. Medaille in der Schweizer Olympia-Ruder-Geschichte geholt. Im Zweier ohne Steuermann werden Sie hinter Kroatien und Grossbritannien Dritte. Röösli: «Es ist genial. Wir hatten auch schwierige Zeiten, aber haben immer zusammengehalten. Das mit Andrin zu erleben, ist unglaublich.»
In der Tat fällt auf, wie oft und gerne die beiden Super-Ruderer über den anderen reden. Dazu muss man wissen: Im Rudern sind Boot-Teams auf diesem Niveau oft Zweckgemeinschaften. Die entscheidende Frage ist nicht, wer es mit wem gut hat, sondern wo man die grössten Erfolgsaussichten hat.
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Im Fall von Gulich/Röösli ist das nicht anders – sie sind aber auch Freunde. Trainer Ian Wright, ein 62-jähriger Neuseeländer, hat ein perfekt harmonierendes Duo gefunden, auf und neben dem Wasser.
Fünf Jahre trennen Röösli und Gulich. Obwohl erst 30, wird Ersterer im Schweizer Team auch «Urgrossvater» genannt. Gulich, der als Schlagmann im Boot vor Röösli sitzt und ihn deshalb im Rennen nie sieht, erklärt: «Roman hat mir gezeigt, wie man rudert. Er ist ein Vorbild. Dass ich mit ihm unterwegs sein darf, ist wunderschön. Ich vertraue ihm blind.» Und mit welchem Tier würde er Röösli vergleichen? «Schau ihn mal an – er ist ein Terrier», so Gulich.
Zweites Schweizer Boot geht leer aus
Im Freudentaumel um die Schweizer Medaille geht beinahe vergessen, dass Jan Schäuble (24) und Raphaël Ahumada (23) im Leichgewichts-Doppelzweier eine bittere Enttäuschung einstecken müssen. Platz 4 ist nicht, was sich das erfolgsverwöhnte Duo vorgenommen hat. «Es ist hart», so Ahumada.
Zurück zu Röösli/Gulich. «Wir geben auch beim Feiern Vollgas», kündigt Gulich an. Und dann schickt er noch eine Spitze gegen Röösli: «Roman ist schon etwas älter. Ich weiss nicht, ob er da mithalten kann.» Es ist wohl auch hier so: Was sich neckt, das liebt sich!