«Ist deine Medaille nicht zu schwer?»
Witziges Doppel-Interview mit Bronze-Helden Mityukov und Claessens

Roman Mityukov und Zoé Claessens haben bei den Olympischen Spielen Bronze gewonnen. Einige Tage nach ihren Erfolgen treffen sich der Genfer Schwimmer und die Waadtländer BMX-Spezialistin, um über ihre Medaillen zu sprechen.
Publiziert: 09.08.2024 um 07:47 Uhr
1/7
Roman Mityukov und Zoé Claessens strahlen mit ihren Medaillen um die Wette.
Foto: BASTIEN GALLAY / GALLAYPHOTO
Blick_Gregory_Beaud.png
Grégory Beaud

«Ist deine Medaille nicht zu schwer? Mir tut sie ein bisschen im Nacken weh. Das zwickt.» Zoé Claessens weiss, dass es in der Schweiz nicht viele Menschen gibt, denen sie diese Frage stellen kann. Aber Roman Mityukov (24) versteht sie. «Sie hat genau das richtige Gewicht und sieht sehr gut aus», lacht der Genfer. Die beiden Westschweizer kehren wie die jurassische Schützin Audrey Gogniat (21) mit Bronze aus Paris zurück.

Einige Tage nach ihrem Erfolg nutzen sie einen Moment der Ruhe, um über ihre Leistungen, die von der Medaille ausgelösten Emotionen und ihre nächsten Schritte zu sprechen.

Haben Sie das Rennen des anderen gesehen?
(Sie lachen und antworten gemeinsam) Nein, tut mir leid.
Roman Mityukov: Das lag nicht drin. Ich glaube, wir waren beide sehr beschäftigt.
Zoé Claessens: Ich weiss, dass es die 200 Meter Rücken sind. Aber ich konnte es nicht sehen. Es war der Abend vor meinem Rennen. Ich war in meiner Blase.
RM: Ich habe mir vorgenommen, alle Medaillen anzuschauen, wenn ich aus Paris zurück bin. Ich selber hatte am Tag danach noch ein Rennen.

Kanntet ihr euch?
ZC: Dem Namen nach. Wir haben uns ein oder zweimal gesehen, aber mehr nicht.
RM: Ich habe von ihr aufgrund ihrer Medaillen gehört, vor allem bei Weltmeisterschaften.

Und doch sind Sie jetzt durch diese Medaille, die Sie innerhalb eines Tages gewonnen haben, vereint.
ZC: Wenn man ein französischsprachiger Athlet ist, ist es leichter, eine Verbindung innerhalb des Teams herzustellen.
RM: Bei uns ist das ein bisschen anders. Von den acht Schwimmern spricht die Hälfte Französisch. Wir zeigen, dass es den Romands gut geht.

Roman Mityukov

Roman Mityukov wurde am 30. Juli 2000 in Genf als Sohn eines russischen Vaters und einer usbekischen Mutter geboren. Mit fünf Jahren lernte er in einem Verein schwimmen. In seiner Jugend legte er einen Höllenrhythmus zwischen Schule, Russischunterricht und Schwimmtraining an den Tag. Doch all das zahlt sich aus. 2021 gewinnt er an der EM Bronze und nimmt erstmals an Olympischen Spielen teil. 2023 holt er mit Bronze seine erste WM-Medaille und 2024 gelingt ihm der grosse Durchbruch mit WM-Silber und Olympia-Bronze.

Roman Mityukov wurde am 30. Juli 2000 in Genf als Sohn eines russischen Vaters und einer usbekischen Mutter geboren. Mit fünf Jahren lernte er in einem Verein schwimmen. In seiner Jugend legte er einen Höllenrhythmus zwischen Schule, Russischunterricht und Schwimmtraining an den Tag. Doch all das zahlt sich aus. 2021 gewinnt er an der EM Bronze und nimmt erstmals an Olympischen Spielen teil. 2023 holt er mit Bronze seine erste WM-Medaille und 2024 gelingt ihm der grosse Durchbruch mit WM-Silber und Olympia-Bronze.

Ihr habt beide gesagt, dass ihr nach eurem Erfolg mit der Realisierung zu kämpfen hattet.
RM: Nach 30 Minuten stand ich schon auf dem Podium. Ich hatte kaum Zeit, aus dem Wasser zu kommen. Es geht alles so schnell, das ist beeindruckend.
ZC: Ich hatte das gleiche Gefühl wie du. Da das Rennen am Abend stattfand, war die Siegerehrung direkt danach. Es war stressig, weil ich mich umziehen musste und sie meine Hose nicht finden konnten. Zuerst haben sie mir eine viel zu Grosse gebracht. Ich wollte nicht so auf dem Podest erscheinen (lacht). Im letzten Moment hat sich alles geklärt. 

Können Sie sich vorstellen, wie viel diese Medaille bewirkt hat?
ZC: Mich hat der Empfang im Maison Suisse wirklich beeindruckt und mich das Ganze etwas realisieren lassen. All diese Leute zu sehen, hat mich sehr berührt. Und dann waren da noch die vielen Nachrichten (lacht). Hattest du Zeit, allen zu antworten?
RM: Oh la la ... Nein, nicht wirklich. Wir bekommen viele, viele Nachrichten und das macht uns so glücklich. Ich werde mir die Zeit nehmen, allen zu antworten, sobald sich die Lage etwas beruhigt hat. Was mich am meisten beeindruckt, ist, dass uns junge Leute gratulieren. Die Tatsache, dass wir für sie Vorbilder sind, ist aussergewöhnlich.

Und das, obwohl Sie beide noch sehr jung sind. Ist es nicht ein zusätzlicher Druck, ein Vorbild zu sein?
ZC: Nein, nicht wirklich. In meiner Familie war ich bereits ein Vorbild für meine jüngeren Schwestern (lacht). Für mich ändert das nichts daran, dass ich einfach ich selbst bleibe und das tun werde, was ich schon immer getan habe.
RM: Ich stimme dir zu und habe die gleiche Einstellung.

Sie sind zwei Wettkämpfer und werden Dritte. Gab es einen Moment, in dem Sie sich gedacht haben, dass nicht mehr viel zum Olympiasieg fehlt oder reicht die Freude über Bronze?
ZC: Ja, das ging mir schon durch den Kopf, weil ich nicht meinen besten Wettkampf gemacht habe. Nach meinen Wettkämpfen schaue ich mir ständig die Videos an und konzentriere mich darauf, was ich falsch gemacht habe. Aber wenn ich daran zurückdenke, bin ich so froh, dass ich diese Medaille trotzdem bekommen habe.
RM: Man könnte meinen, dass ich nur drei Hundertstel davon entfernt bin, Vize-Olympiasieger zu werden ... Aber nein, es gibt nichts zu bereuen. Wenn ich die Wand berühre, hoffe ich nur auf eines: die 1, 2 oder 3 zu sehen.
ZC: Hast du es direkt gewusst?
RM: Ja, denn wenn du Rücken schwimmst, siehst du sofort die riesige Anzeigetafel. Du hast das Resultat sofort. Und das ist einfach nur Glück.

Zoé Claessens

Von den fünf Geschwistern von Zoé Claessens sind vier im BMX-Rennsport aktiv. Es ist also logisch, dass die Waadtländerin aus Villars-sous-Yens auch diesen Sport betreibt.Ihr Vater hat 1983 in Echichens die erste BMX-Piste und den ersten Klub gegründet. Bei ihren ersten Olympischen Spielen 2021 stürzte Claessens. Davon liess sie sich nicht unterkriegen und holt danach eine Medaille nach der anderen: EM-Gold 2021, 2023 und 2024, WM-Silber 2022 und 2024. Und nun Bronze bei Olympia.

Von den fünf Geschwistern von Zoé Claessens sind vier im BMX-Rennsport aktiv. Es ist also logisch, dass die Waadtländerin aus Villars-sous-Yens auch diesen Sport betreibt.Ihr Vater hat 1983 in Echichens die erste BMX-Piste und den ersten Klub gegründet. Bei ihren ersten Olympischen Spielen 2021 stürzte Claessens. Davon liess sie sich nicht unterkriegen und holt danach eine Medaille nach der anderen: EM-Gold 2021, 2023 und 2024, WM-Silber 2022 und 2024. Und nun Bronze bei Olympia.

Wird eine olympische Medaille Ihr Leben in finanzieller Hinsicht verändern?
ZC: Ich denke ein bisschen schon. BMX ist in der Schweiz nicht sehr bekannt, und es könnte mir helfen, den einen oder anderen Sponsor zu finden.
RM: Schwimmen ist nur alle vier Jahre in den Medien. Die restliche Zeit bist du unbekannt (lacht). Daher kann diese Sichtbarkeit sicher nicht schaden.

Wie geht es für Sie weiter?
RM: Ich werde einen Monat Pause machen. Ich habe schon lange keine Pause mehr gemacht, und es ist wichtig, die Batterien wieder aufzuladen.
ZC: Bei der Planung meines Jahres wollte ich nicht, dass nach den Spielen alles vorbei ist. Deshalb hat mir mein Trainer einen Monat Ferien gegeben, aber danach geht es weiter.
RM: Nächstes Jahr sind nur die Weltmeisterschaften. Dieses Jahr war es mit den Europameisterschaften, den Weltmeisterschaften und den Spielen sehr voll. Ich werde also einen Monat Ferien machen und mich danach in Ruhe vorbereiten. Aber es ist wichtig, eine Weile nicht im Wasser zu sein. Irgendwann hast du genug davon.

Kommt es wirklich vor, dass man so gesättigt ist?
RM: Ein bisschen schon. Es gibt einige Trainingseinheiten, zu denen du einfach nicht gehen willst, weil sie so hart sind. Manchmal ist es die Hölle. Du solltest deinen Sport lieben, aber manchmal ist es hart. Hast du das auch manchmal?
ZC: Ja. Aber ich mag es, andere Sportarten wie Tennis oder Beachvolleyball zu machen. So kannst du dich geistig erholen und nicht nur BMX fahren und Krafttraining machen.
RM: Ich mag Sportarten, bei denen du nicht allein bist, wie Tennis, Beachvolleyball oder Fussball. Ich brauche ein Spiel, denn Schwimmen ist nicht unbedingt ein Sport, bei dem man Spass hat.

Ausser wenn man eine Medaille gewinnt ...
RM: Richtig. Das ist jedes Opfer wert.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?