Warum soll die Schweiz Olympische Winterspiele austragen?
Die einfache Antwort: weil sie es kann. Sie kann es sich leisten – schliesslich haben wir gerade eine Grossbank gerettet –, sie wird auch 2030 noch eine Wintersportnation sein, sie hat die Spiele seit 1948 nie mehr bekommen. Die ehrliche Antwort: weil das Internationale Olympische Komitee (IOC) für 2030 noch keinen Austragungsort gefunden hat und derzeit auf mögliche Kandidaten zugeht, die in die Bresche springen könnten. Die emotionale Antwort: weil es Spass macht. Winterspiele vor der eigenen Haustür, welcher Sportfan ist da wirklich dagegen?
Wer ist dafür?
Das IOC kann es sich vorstellen, Swiss Olympic kann es sich vorstellen, eine Reihe von Wintersportverbänden kann es sich vorstellen. «Für jeden Sportler sind Olympische Spiele im Heimatland das Grösste und geben dem Sport nachhaltige Impulse», sagt etwa Claude-Alain Schmidhalter, Vizepräsident von Swiss-Ski. Am Donnerstag hat der Swiss-Olympic-Exekutivrat nun entschieden, mit dem IOC in den sogenannten «kontinuierlichen Dialog» zu treten. Hierbei wichtig: Es wird noch nicht konkret darüber gesprochen, dass die Schweiz für 2030 den Zuschlag bekommt. Man tauscht sich nur ganz konkret dazu aus, wie Olympia in der Schweiz aussehen könnte – unabhängig davon, in welchem Jahr. Es wird dabei um eine Bewerbung der Schweiz als ganzes Land gehen und nicht um eine einzelne Region.
Ist Olympia 2030 damit vom Tisch?
Nein. Swiss Olympic sagt einfach noch nichts Konkretes dazu. Der Skiverband aber zum Beispiel geht davon aus, dass sich gerade jetzt eine grosse Chance bietet, sich die Spiele zu schnappen. «Das IOC hat den Vergabeprozess angepasst und es scheint, dass sich durch die mögliche Doppelvergabe Olympischen Spiele 2030/34 eine einzigartige Konstellation ergibt», sagt Schmidhalter. «Diese Chance gilt es nun aus Schweizer Sicht zu prüfen.»
Wer ist dagegen?
Nun, wer die letzten zehn Jahre nicht unter einem Stein verbracht hat, weiss: Das Schweizer Stimmvolk ist überhaupt nicht angetan von der Idee, dass die Schweiz zur Olympia-Ausrichternation werden soll. In Graubünden und im Wallis wurden sämtliche Volksabstimmungen zu diesem Thema bachab geschickt. Darum ist man bei Swiss Olympic sehr vorsichtig, wie es in einer Mitteilung heisst: «Für Swiss Olympic steht fest, dass eine erneute Schweizer Bewerbung erst nach sorgfältiger Prüfung in Frage kommt.» Die beginnt nun erst. Für 2002 und 2006 hatte sich Sion beworben, scheiterte aber gegen Salt Lake City und Turin.
Ist es realistisch, das Volk zu überzeugen?
Das sind zwei der grossen Fragen. Das IOC spricht davon, dass die Spiele in Zukunft kleiner, feiner und vor allem nachhaltiger werden sollen. Das ist der entscheidende Punkt für den Schweizer Sport-Dachverband. Swiss Olympic wird nun prüfen, «ob die Voraussetzungen für eine allfällige Schweizer Olympiakandidatur gegeben sind. Dies, weil sich die Anforderungen des IOC an die Vergabe und Durchführung Olympischer und Paralympischer Spiele geändert haben». Das Problem: Den abschliessenden Beweis dafür müssen die Herren der Ringe zuerst noch erbringen. Wo Olympische Spiele ausgetragen wurden, klafften danach tiefe finanzielle Löcher. Und mit ihrer Haltung zu Russland und China haben Bach und Co. im Westen zuletzt nicht unbedingt Vertrauen geschaffen. «In den nächsten Monaten soll deshalb in enger Zusammenarbeit mit den Wintersportverbänden aufgezeigt werden, wie Winterspiele in der Schweiz unter Berücksichtigung dieser neuen Voraussetzungen aussehen könnten.»
Angenommen, die Spiele kommen. Wo gibt es bereits olympiataugliche Anlagen? Wo muss noch gebaut werden?
Olympiataugliche Anlagen gibt es bereits in den meisten Sportarten: Von Ski über Langlauf bis zu Biathlon und Bob gibt es in der Schweiz Weltcup-Events. Eishockeystadien haben wir zur Genüge. Zwei Lücken dürfte es geben: Es fehlt im Skispringen eine Normalschanze, für den Eisschnelllauf gibt es keine olympiataugliche Bahn. Darüber hinaus müssten eine Reihe von Anlagen wohl saniert werden. Und wo das Olympische Dorf zu stehen käme, ist auch noch nicht klar. Vielleicht in Lausanne, wo 2020 die Youth Games ausgetragen wurden?
Zurück zum Szenario Olympia 2030: Könnte man überhaupt innert 7 Jahren von 0 auf 100 gehen?
Es würde auf jeden Fall knapp. Geht man davon aus, dass dort, wo noch saniert oder neu gebaut werden muss, Referenden ergriffen werden können und Volksabstimmungen durchgeführt werden müssen und damit erst noch das Stimmvolk ins Boot geholt werden muss, ist ein solcher Plan ambitioniert. Für 2034 stünden die Chancen wohl bedeutend besser. Dann aber könnte Salt Lake City bereits in der Pole-Position sein.