Was Rennfahrer Qwin Wietlisbach (18) am Anfang sagt, ist ganz normal: «Seit ich ganz klein bin, sind Motorsport und Autos meine grösste Passion.» Doch die Geschichte, die der Zentralschweizer danach schildert, ist aussergewöhnlich. Denn lange schien seine Leidenschaft einfach ein passives Hobby zu bleiben. Zwar durfte er als Sechsjähriger einige Kart-Runden drehen, doch dann war Schluss: Seiner Mutter erschien es zu gefährlich, er fuhr für sie viel zu schnell.
Keine Kart-Erfahrung? Das bedeutet normalerweise das frühe Aus für motorsportliche Kinderträume. Doch jetzt ist der angehende Physik-Student Weltfinal-Sieger 2024 in der Ferrari-Challenge, eine Tourenwagen-Meisterschaft mit einheitlichen Rennboliden. Er darf sich sogar Weltmeister nennen.
Erst im Teenager-Alter unterstützte die Mutter den Wunsch
Was steckt hinter dem Senkrechtstart des Spätzünders wider Willen? Wietlisbach sass dann doch eines Tages in den Ferien auf Mallorca in einem Kart. Halt erst mit 16 Jahren. Nun unterstützte die Mama die Idee. Sie ist es auch, die die ersten Schritte im Motorsport unterstützt und einen Kredit stellt.
Dem Teenager nimmts den Ärmel komplett rein. Er will Rennfahrer werden. Doch in diesem Alter eine Kart-Laufbahn zu lancieren, erschien ihm wenig zweckmässig. Er suchte eine Möglichkeit, einen Rennwagen auf einem grossen Circuit auszuprobieren. Wietlisbach schreibt mehrere Rennställe an. Es entsteht der Kontakt zum italienischen Ex-F1-Pilot Domenico Schiattarella (57), der in der Schweiz lebt, ein Mandat beim Emil-Frey-Team hat und verschiedene Rennfahrertalente coacht. Wietlisbach: «Domenico staunte etwas, dass ich mit nur drei Wochen Kart-Erfahrung an einen Einstieg in den Autosport dachte.»
Doch Schiattarella nimmt ihn unter seine Fittiche. Der Zentralschweizer fährt erste Tests, schlägt sich bemerkenswert gut. Und dann kommt eben die Chance in der Ferrari-Challenge. Die Kurzfassung seiner ersten Rennen im 700-PS-Boliden: Er kam, sah und siegte.
Der Vater ist Milliardär, kauft dem Sohn aber kein Cockpit
Klar: Es ist keine hochklassige Meisterschaft, wo sich künftige Formel-1-Weltmeister die Sporen abverdienen. Aber dennoch gehen in der Szene einige Augenbrauen hoch, dass Wietlisbach ohne jegliche Erfahrung schnell genug ist für Siege. Mittlerweile ist auch der skeptische Vater Fan geworden. Die Eltern jubeln in Imola beim Sieg im Finale mit.
Vater Urs Wietlisbach kennt sich mit der Talentförderung aus, der Börsen-Gigant bildet mit Ex-FCB-Boss Bernhard Heusler das Co-Präsidium der Stiftung Sporthilfe. Dass der Milliardär nun aber die sich anbahnende Karriere von Qwin aus der Privatkasse finanziert, wird gemäss dem Jung-Rennfahrer nicht passieren: «Meine Eltern schiessen mir das Budget für die neue Saison vor. Aber als Kredit, ich muss alles zurückzahlen. Zum Glück ohne Zinsen…»
Die Planung der Saison 2025 läuft jetzt auf Hochtouren. Wietlisbach möchte in einen Cup oder eine Meisterschaft mit GT3-Autos einsteigen. Davon gibts es in Europa viele. Die besten GT3-Fahrer starten in der DTM oder beim Klassiker in Le Mans. «Irgendwann in Le Mans zu fahren, ist ein Traum. Momentan bin ich einfach dankbar, dass ich das machen kann, was ich am meisten liebe», sagt der Senkrechtstarter.