Nur zwei Startplätze pro Geschlecht – es muss Radverband Swiss Cycling von Anfang an bewusst gewesen sein, wie enorm heikel die Entscheidung ausfallen wird, wenn vor allem bei den Männern von einer ganzen Reihe an Weltklassefahrern nur zwei olympisch sein können. Also hätte man den Selektionsprozess besonders sorgfältig moderieren müssen.
Doch dass man die Wahl von Mathias Flückiger hinter dem unumstrittenen Nino Schurter jetzt einfach mit der grösseren Erfahrung und der Medaillensammlung von früheren Grossanlässen begründet, ist ein Schlag ins Gesicht für alle Nichtnominierten wie Filippo Colombo, Marcel Guerrini oder Lars Forster.
Sie alle haben in der Selektionsphase Weltcup-Podestplätze geholt. Im Glauben, dass jedes Resultat, je näher Paris kommt, umso wichtiger ist. Doch dann erfahren sie im Nachhinein, dass Medaillen von früher herangezogen werden.
Welche Rolle spielt das abgeschlossene Dopingverdachtstheater?
Dass Flückiger als Tokio-Silber-Held ein olympia-würdiger Fahrer ist, ist unbestritten. Doch wenn sich kein besserer Grund als frühere Grossanlässe finden liess, bleibt ein Nachgeschmack. Auch, weil sich Swiss Cycling frühestens am Dienstag erklären will. So muss der Verband mit dem Verdacht leben, dass hier der Berner auch ein wenig entschädigt wird für das unselige Dopingvorwurfstheater, in dem auch Swiss Cycling Fehler gemacht hat.
Wohlgemerkt: Dass frühere Grossanlässe ein Kriterium sein können, war bekannt. Ebenso, dass die Anzahl Top-8-Ränge im ganzen Selektionsjahr – hier ist Flückiger stark – in die Bewertung fliessen.
Das Problem: Die Bike-Profis wussten nicht, dass dies am Ende ausschlaggebend sein wird. Denn selbst Schurter teilte sich das Rennen am Sonntag so ein, als ob Olympia markant von diesem einzelnen Ergebnis abhängt. Was aber überhaupt nicht der Fall war.