Ungläubig blickt Amy Baserga (21) auf ihren Sieges-Scheck. Die sonst so redegewandte Einsiedlerin ringt nach Worten. «Ich bin sprachlos.» Die Ernennung zur Sporthilfe-Nachwuchssportlerin des Jahres 2021 geht ihr sichtlich nahe.
Einige Minuten später ist der Redefluss zurück, die Gedanken sortiert. «Mit diesem Titel habe ich nie gerechnet», erzählt sie gegenüber Blick. «Im Tiefstapeln bist du bereits Weltklasse», entgegne ich der ersten Schweizer Doppel-Weltmeisterin auf der höchsten Juniorenstufe und Gewinnerin der Auszeichnung «SRF 3 Best Talent» an den Sport Awards 2021.
Fans entscheiden Kopf-an-Kopf-Rennen
Lachend verneint sie meine Behauptung, holt tief Luft und erklärt ihre Situation: «Ich leide seit einiger Zeit an einer Mittelohrentzündung. Im Vorfeld des Anlasses konnte ich deshalb nur einen einzigen Social-Media-Post absetzen, um meine Fans zum Abstimmen zu animieren.» Die Krankheit hindert sie auch an einer Teilnahme an der Schweizermeisterschaft an diesem Wochenende.
Dafür haben andere aus ihrem Umfeld an der Werbe-Front gewirbelt – mit Erfolg. Letztlich sind es die Fans, die das Kopf-an-Kopf-Rennen gegen Leichtathletin Ditaji Kambundji (19) entscheiden.
Das Risiko zahlt sich aus
Ein weiterer Meilenstein in einer Karriere, die vor zwei Jahren aufgrund eines unkonventionellen Entscheides so richtig lanciert wurde. Die Einsiedlerin brach ihre KV-Lehre ab. «Ich hatte neben dem Training keine Zeit dafür.» Seither reiht sie einen Erfolg an den nächsten. Darf Weltcup-Luft schnuppern, verbucht die ersten Punkte und wird zu einer festen Grösse im Schweizer Biathlon-Team.
Auf dem Weg an die Weltspitze kommen die 12'000 Schweizer Franken von der Sporthilfe natürlich gerade recht: «Ich werde es auf jeden Fall in den Sport investieren.» Das muss nicht nur biathlonspezifisch sein: «Vielleicht gibt es auch ein neues Velo.» Soweit so normal.
Dachdecker und Hobby-Bauer?
Kurioser fällt die Antwort bei Skifahrer Fadri Janutin (22) aus, der sich den Titel als Nachwuchssportler des Jahres 2021 gesichert hat. «Ein grosser Teil wird in meinen Stall fliessen.» Der Technik-Spezialist ist gelernter Dachdecker, und jetzt auch noch Hobby-Bauer? Mit einem Schmunzeln löst er die Geschichte auf: «Dort befindet sich mein Fitnessraum. Ein paar neue Geräte würden sicher nicht schaden – ein klassisches Upgrade.»
Während die Einzelathleten das gesamte Preisgeld für sich beanspruchen dürfen, werden die Geldscheine beim Nachwuchsteam des Jahres, das 15'000 Schweizer Franken erhält, sauber aufgeteilt. Ein grosses Fest liegt für die vier Ruderinnen Olivia Roth (18), Thalia Ahumada (18), Nicole Schmid (18), Lina Kühn (18) aber nicht drin – die Saisonvorbereitung ruft: «Morgen (am Samstag Anm. d. Red.) ist ganz normal wieder Training.» Sich auf den Lorbeeren auszuruhen, ist keine Option.