Auf einen Blick
- Die Schweizer Frauen-Staffel jagt seit zehn Jahren Medaillen
- Trainerduo Haas/Monachon hört auf, die Nachfolge unklar
- Mujinga Kambundji lässt ihre Staffel-Zukunft offen
Es ist ein Jubiläum, das niemand gerne feiert. Seit zehn Jahren, seit die Frauen-Staffel 2014 an der Heim-EM in die Herzen der Schweizer Sportfans lief, läuft das Sprint-Team nun der langersehnten Medaille nach.
2024 platzten die Träume gleich zweimal jäh. An der EM in Rom? Im Final disqualifiziert, Stab verloren. An Olympia in Paris? Im Final disqualifiziert, Wechselfehler. Besonders brutal: Statt der Schweiz schafft Deutschland den olympischen Bronze-Coup. Dabei gehören die Deutschen zu den Nationen, die für die Schweiz absolut in Reichweite sind.
Bitter: Für die Schweiz gabs wegen der Disqualifikation nicht mal ein Diplom. Durch die erstmalige Staffelteilnahme von Mujinga Kambundji (32) in dieser Saison raste das Quartett zwar in den Final. Doch dort wird dem Team zum Verhängnis, dass man das ganze Jahr nie in dieser Besetzung trainiert hat. Der Wechsel von Leonie Pointet (23) zu Schlussläuferin Kambundji wird zum Flop. Dass sich die beiden im Lärm von 80’000 Fans nicht hören können, ist nur die halbe Wahrheit. Allen ist klar: Mit mehr Trainings wäre alles eingespielter gewesen. Die Deutschen? Die hatten im Frühjahr ein längeres Staffel-Camp durchgeführt.
Ohne Kambundji fehlt Speed, aber mit ihr ist die Staffel nicht eingespielt
Peter Haas (69) sagt: «Unser Experiment ist zur Hälfte nicht aufgegangen.» Haas ist früherer Swiss-Athletics-Leistungssportchef und hatte 2023 und 2024 im Co-Amt gemeinsam mit Raphael Monachon (51) das Staffel-Projekt geleitet. Was Haas meint: Das Experiment war, Kambundji im Olympiajahr erst in Paris einsteigen zu lassen. «Um das Risiko bei den Wechseln zu minimieren, haben wir sie zur Schlussläuferin gemacht», sagt der Coach und ergänzt: «Ohne Mujinga wären wir kaum in den Final gekommen.»
Kambundjis Sonderrolle war von Anfang an klar kommuniziert. Für viel Gerede hinter vorgehaltener Hand sorgte vielmehr die restliche Besetzung mit Salomé Kora (30), Sarah Atcho-Jaquier (29) und Pointet, die nach Paris auch an der Athlétissima Lausanne und bei Weltklasse Zürich beibehalten wurde. Denn für Kambundji musste Géraldine Frey (27) weichen, eigentlich die drittschnellste 100-Meter-Schweizerin. Natürlich lassen sich immer Gegenargumente finden wie zum Beispiel, dass Pointet als 200-Meter-Spezialistin die Kurve besser läuft.
Zürich 2014
Für die Heim-EM 2014 in Zürich gleist der Verband ein Staffel-Projekt auf. Mujinga Kambundji, Marisa Lavanchy und die Sprunger-Schwestern Ellen und Léa rasen in den Final. Dort kommts zum Drama: Startläuferin Kambundji gleitet nach zwei Schritten der Stab aus der Hand, das Aus.
Amsterdam 2016
An der EM schrammen Ajla Del Ponte, Salome Kora, Sarah Atcho und Ellen Sprunger auf Rang 4 an den Medaillen vorbei.
London 2017
Ein WM-Kracher: Rang 5 hinter den USA, Grossbritannien, Jamaika und Deutschland zeigt der kleinen Schweiz, dass eine Staffel-Medaille auch global realistisch ist.
Berlin 2018
Wieder EM-Rang 4, wieder direkt hinter Deutschland. Kambundji, Del Ponte, Kora und Atcho erleben ein Hundertsteldrama, es fehlen nur 0,07 Sec. auf Bronze.
Doha 2019
Kambundji hat WM-Bronze über 200 Meter gewonnen und führt fast auch die Staffel zum Coup. Rang 4. Nur 0,08 Sec. fehlen ihr mit Atcho, Del Ponte und Kora zum Podest.
Tokio 2021
Die Sternstunde: Im Olympia-Final holen Kambundji, Kora, Del Ponte und Riccarda Dietsche Rang 4. Die Zeit von 42,05 sec aus dem Vorlauf ist bis heute Schweizer Rekord.
München 2022
Der Staffel-Tiefpunkt. Mit einer unterirdischen Zeit von 43,93 Sec. scheiden Del Ponte, Kora, Géraldine Frey und Melissa Gutschmidt im EM-Halbfinal aus.
Budapest 2023
An der WM gelingt ein versteckter Coup. Kora, Frey, Gutschmidt und Kouni laufen mit 42,62 Sec. in den Final, das ist die schnellste Zeit jemals (ohne Kambundji/Del Ponte).
Rom 2024
Sarah Atcho-Jaquier weint bittere Tränen. Als Schlussläuferin verliert sie kurz vor dem Ziel den Stab, es passierte im Kampf um EM-Bronze.
Paris 2024
Olympia-Final: Der letzte Wechsel von Pointet zu Kambundji passiert zu spät, Disqualifikation.
Zürich 2014
Für die Heim-EM 2014 in Zürich gleist der Verband ein Staffel-Projekt auf. Mujinga Kambundji, Marisa Lavanchy und die Sprunger-Schwestern Ellen und Léa rasen in den Final. Dort kommts zum Drama: Startläuferin Kambundji gleitet nach zwei Schritten der Stab aus der Hand, das Aus.
Amsterdam 2016
An der EM schrammen Ajla Del Ponte, Salome Kora, Sarah Atcho und Ellen Sprunger auf Rang 4 an den Medaillen vorbei.
London 2017
Ein WM-Kracher: Rang 5 hinter den USA, Grossbritannien, Jamaika und Deutschland zeigt der kleinen Schweiz, dass eine Staffel-Medaille auch global realistisch ist.
Berlin 2018
Wieder EM-Rang 4, wieder direkt hinter Deutschland. Kambundji, Del Ponte, Kora und Atcho erleben ein Hundertsteldrama, es fehlen nur 0,07 Sec. auf Bronze.
Doha 2019
Kambundji hat WM-Bronze über 200 Meter gewonnen und führt fast auch die Staffel zum Coup. Rang 4. Nur 0,08 Sec. fehlen ihr mit Atcho, Del Ponte und Kora zum Podest.
Tokio 2021
Die Sternstunde: Im Olympia-Final holen Kambundji, Kora, Del Ponte und Riccarda Dietsche Rang 4. Die Zeit von 42,05 sec aus dem Vorlauf ist bis heute Schweizer Rekord.
München 2022
Der Staffel-Tiefpunkt. Mit einer unterirdischen Zeit von 43,93 Sec. scheiden Del Ponte, Kora, Géraldine Frey und Melissa Gutschmidt im EM-Halbfinal aus.
Budapest 2023
An der WM gelingt ein versteckter Coup. Kora, Frey, Gutschmidt und Kouni laufen mit 42,62 Sec. in den Final, das ist die schnellste Zeit jemals (ohne Kambundji/Del Ponte).
Rom 2024
Sarah Atcho-Jaquier weint bittere Tränen. Als Schlussläuferin verliert sie kurz vor dem Ziel den Stab, es passierte im Kampf um EM-Bronze.
Paris 2024
Olympia-Final: Der letzte Wechsel von Pointet zu Kambundji passiert zu spät, Disqualifikation.
Jetzt droht der Staffel nach zehn Jahren ohne Medaille eine Zäsur. Das Trainerduo Haas/Monachon hört auf. Das war schon immer so geplant – das Gespann war eigentlich nur eine Übergangslösung. Wer übernimmt jetzt das Flaggschiff? Swiss Athletics teilt mit, dass an einer Lösung gearbeitet werde.
Der Job ist – gelinde gesagt – anspruchsvoll. Die schnellen Frauen müssen bei Laune gehalten werden. Befindlichkeiten, Trainingswünsche, Teamhierarchie, wer startet an welcher Position, wer versteht sich mit wem gut und mit wem weniger? Staffelmanagement ist heikel.
Doch egal, wer Staffel-Coach wird: Die Frage um Kambundjis 4x100-Meter-Zukunft bestimmt alles. Die Szenarien: Die Grande Dame des Schweizer Sprints bleibt an Bord, entweder sporadisch wie jetzt oder sogar wieder mit mehr Commitment. Oder aber Kambundji war Anfang September in Zürich letztmals im Staffel-Einsatz und konzentriert sich künftig auf ihre Einzelstarts. Gemäss ihrem Management hat die Bernerin noch nichts entschieden. Natürlich will auch sie zuerst wissen, wie der Trainer-Staff aussieht.
Der Nachwuchs drängt nach
Das Gute aus Verbandssicht: Ein Kambundji-Abgang würde die Staffel nicht ins Bodenlose reissen. Ein Generationenwechsel, auch im Hinblick auf Los Angeles 2028, ist möglich. Mit Emma van Camp (19), Melissa Gutschmidt (22) und Natasha Kouni (23) kommen Läuferinnen nach, die bereits Staffelerfahrung haben. Dazu kann auch die dauerverletzte Tokio-Heldin Ajla Del Ponte (28) plötzlich wieder ein Thema werden.
Und selbst die übernächste Generation steht schon in den Startlöchern. Timea Rankl (15), Lia Thalmann (19), Chloé Rabac (19) und Alicia Masini (19) wurden vor vier Wochen an der U20-WM in Peru sensationell Vize-Weltmeisterinnen über 4x100 Meter. Alles Athletinnen, die einst mit ihrem grossen Idol Kambundji vor Augen mit Leichtathletik begonnen hatten. Sollte die Schweizer Staffel die erträumte Medaille irgendwann in Zukunft auch ohne Kambundji gewinnen – ein Stück vom Erfolg würde auch ihr gehören.