Die Frau hatte 2020 einen Sommer, der besser kaum hätte laufen können. Sprinterin Ajla Del Ponte (24) eilte von Erfolg zu Erfolg: schnellste Frau Europas über 100 Meter, elf Siege, zwei davon in der Diamond League, neue persönliche Bestzeit über 100 und 200 Meter, Nummer 5 der Welt. Klingt fast perfekt.
Aber eben nur fast. Die Tessinerin hatte ein Manko ausgemacht: Sie kam nicht in die Gänge, ihr Start war nicht gut genug. «Ich hatte das Gefühl, ich komme nicht hinterher. Ich hatte immer den Eindruck, die anderen kommen weg, und ich stehe noch einen Moment da», sagt sie. Erst im Verlauf des Rennens sei sie jeweils richtig auf Touren gekommen.
Jetzt startet sie auch endlich schnell
Doch in den letzten Wochen scheint sich etwas getan zu haben. «Ihr Start an der Hallen-Schweizer-Meisterschaft im Februar war ihre beste Zeit auf den ersten Metern», sagt Del Pontes Trainer Laurent Meuwly zu BLICK. «Zum ersten Mal seit zwei Jahren habe ich das Gefühl, dass das Timing wieder stimmt», sagt Del Ponte. Nachdem seit 2018 viel in Lockerheit und Effizienz in der zweiten Sprinthälfte investiert wurde, scheint sie nun auch am Start den Schritt in Richtung Weltklasse zu schaffen.
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Der Lohn: Der Schweizer Hallenmeistertitel über 60 Meter in 7,15 Sekunden, nachdem sie zuvor in Metz sogar noch 0,01 Sekunden schneller unterwegs war. Vor der Hallen-EM in Torun (Polen) am Wochenende haben einzig die Britin Dina Asher-Smith, die Polin Ewa Swoboda und die Deutsche Amelie-Sophie Lederer in dieser Saison schnellere Zeiten über 60 Meter als Del Ponte.
Eine Medaille ist möglich
Heisst: Eine Medaille ist realistisch. «Sie wird sich an der EM dafür sicher noch einmal steigern müssen», sagt Meuwly. «Aber das traue ich ihr zu.» Was Hoffnung macht: Im Direktduell hat sie in den letzten Wochen bloss gegen Asher-Smith verloren, Swoboda liess sie bei einem Meeting in Polen im Vorlauf und im Final hinter sich. Es sieht danach aus, als ob Rakete Del Ponte dank ihrem neuen Start noch einmal eine Stufe zünden kann. Das verspricht für die Hallen-EM viel – für die Olympiasaison sowieso.