Wenig deutete darauf hin, dass die Schweizer Frauen-Sprintstaffel 2023 ein Ausrufezeichen setzen würde. Das fing im Winter an, als es lange dauerte, bis der Verband endlich ein Trainerduo für die 4x100-m-Equipe fand. «Wir hatten darum lange keine Trainingstermine», sagt Géraldine Frey. Die Folge der Ungewissheit: Terminkollisionen mit den Einzelstart-Plänen der Staffel-Kandidatinnen.
Wer sich umhörte, bekam im Frühjahr aus dem Umfeld der Sprinterinnen viel Unmut zu hören. «Ich hatte die Staffel diese Saison darum lange gar nicht recht auf dem Schirm», so Frey. Dazu fielen mit Mujinga Kambundji und Ajla Del Ponte die beiden helvetischen Weltklasse-Sprinterinnen verletzt aus.
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Und doch stand Frey am Samstagabend mit ihren Teamkolleginnen Salomé Kora, Nathacha Kouni und Melissa Gutschmidt im WM-Final. «Ich glaube, weder bei der Konkurrenz noch in der Schweiz hat man damit gerechnet, dass wir das schaffen. Das ist eine Genugtuung», sagt Kora. Die 4x100 m lief das Quartett im Vorlauf in 42,62 Sekunden.
Eine bärenstarke Leistung: Das ist die schnellste Zeit, die je einer Staffel ohne Kambundji/Del Ponte gelungen ist. «Beim ersten Wechsel können wir noch ein bisschen mehr Risiko nehmen», befand Kora nach dem Vorlauf. Und sie sagte auch: «Wir hatten München immer noch im Hinterkopf.» In München hatten die Schweizerinnen letztes Jahr auf schmähliche Weise den EM-Final verpasst. Kambundji wurde wegen des 200-m-Finals geschont, Del Ponte war nicht in Top-Form, alles ging schief, die erhoffte Medaille blieb ein Traum.
Stab-Fehler im Final
Das passte zu den Vorjahren, wo die Sprintstaffel teils dramatisch scheiterte. Darum weckte der Vorlauf von Budapest Hoffnungen: Es reicht also für den Final ohne die Top-Besetzung – für einen nächsten Medaillenanlauf ein wichtiger Puzzlestein. Doch der Dämpfer folgt am Samstagabend: Da klappt es bei Kora und Kouni beim ersten Wechsel nicht. Der Stab wird zu spät übergeben, die Schweizerinnen sind disqualifiziert.
Der Verdacht liegt nahe: War es diesmal zu viel Risiko? «Ich weiss noch nicht genau, was passiert ist», sagt Kora. «Aber wir hatten nichts anderes vorgesehen als im Vorlauf.» Frey zieht trotzdem ein positives Fazit. «Nach diesem Jahr und ohne Ajla und Mujinga in einem Final zu stehen, das macht Hoffnung. Und es lässt auch erahnen, was möglich ist, wenn die beiden wieder dabei sind.»