Millimeter-Drama um Simon Ehammer (23)! Der Weitspringer muss im WM-Final schon früh die Segel streichen, weil er zuerst zwei Fehlversuche hat, dann im dritten Versuch bloss 7,87 Meter weit springt. Die verflixte Sieben macht ihm einen Strich durch die Rechnung: Beim zweiten Versuch übertritt er um sieben Millimeter, am Ende fehlen ihm zum Einzug in die Runde der letzten Acht sieben Zentimeter. Der Traum von einer WM-Medaille ist früh geplatzt.
Eine hauchdünne Angelegenheit, die für den Schweizer eine riesige Enttäuschung bedeutet. «Im Moment ist es eine Tragödie», sagt er. «Es scheisst mich richtig an.» Besonder bitter für Ehammer: Sein knapp ungültiger Versuch wäre «sicher auf 8,20 oder 8,30 m» gegangen, ist er überzeugt. «Damit springe ich um die Medaillen.» Sicher hätte er dann als einer der besten Acht noch einmal drei Sprünge absolvieren und eine Edelmetall-Weite suchen können.
So aber zieht der Appenzeller frustriert von dannen. Vor einem Jahr flog er an der WM in Eugene (USA) zu Bronze, da konnte er unbeschwert antreten. «Es ist mir damals einfach von der Hand gegangen», sagt er über 2022. «Es lief einfach und ich wusste, dass ich danach an der EM in München noch einmal eine Medaillenchance (im Zehnkampf, d. Red.) haben würde.» Entsprechend locker ging er die Sache an der US-Westküste an. Mit Erfolg.
Schon zweimal schrieb er Weitsprung-Nuller
Diesmal war das anders, Ehammer musste sich aufgrund des für ihn unglücklichen Terminplans des Weltverbandes entscheiden: Weitsprung oder Zehnkampf? Eine Rolle spielte auch seine Schulterverletzung, die ihn schon seit Monaten beim Speerwurf behindert.
Aber eben: Wer schon mal etwas gewonnen hat, hat danach etwas zu verlieren. Ein neues Gefühl für den Schweizer. «Es läuft nicht gleich rund dieses Jahr», konstatiert er. Sowohl an der Hallen-EM als auch in Götzis schrieb er in einem Mehrkampf bereits einen Weitsprung-Nuller, der Anlauf war schon im Vorfeld ein Problem.
Ehammer hadert mit den neuen Regeln
«Diesmal war es Wettkampfglück», sagt er über sein Scheitern am Donnerstagabend. «Ich kann doch nicht beeinflussen, ob ich einen Zentimeter weiter vorne oder weiter hinten auftrete. Aber klar, so sind die Regeln.» Um dann gleich seine dezidierte Kritik daran anzubringen. Seit dieser Saison wird nämlich auf dem Bildschirm eine Linie gezogen, statt dass überprüft wird, ob die Springer an der Plastilineinlage direkt hinter dem Balken gekratzt haben. Das habe er auch dem Offiziellen gesagt, der seinen Sprung für ungültig erklärt hatte. «Diese Regel muss angepasst werden. Jetzt wird sie gegen die Athleten ausgelegt», hadert er.
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Aber wie Ehammer auch weiss: Das nützt jetzt alles nichts mehr. Eine Weile wird es noch weh tun. «Jedes Mal, wenn ich die Rangliste sehe und den neunten Platz vor meinem Namen sehe…», setzt er an. «Das braucht jetzt ein paar Tage.»
Aber schon wenige Minuten nach dem verpatzten Weitsprung-Einsatz sinnt er wieder auf Revanche: Nächste Woche geht er bei Weltklasse Zürich in der Diamond League an den Start. In Oslo hat er die Weitsprung-Konkurrenz bereits gewonnen. Ehammers Ansage: «Jetzt bringe ich es halt in Zürich!»