Zweifache Olympiasiegerin, dreifache Weltmeisterin, fünffache afrikanische Meisterin. Läuferin Caster Semenya (32) war auf der Mitteldistanz im vergangenen Jahrzehnt das Mass aller Dinge. Doch dann wurde sie ausgebremst. Weil ihr Körper zu männlich ist. Denn Semenya ist intergeschlechtlich. Ihre Geschlechtsmerkmale lassen sich biologisch nicht eindeutig als weiblich oder männlich einordnen.
Der internationale Leichtathletikverband IAAF entzog ihr die Startberechtigung, weil ihr Testosteronspiegel zu hoch war. Für Semenya begann eine Odyssee. Sie zog von Gericht zu Gericht, um gegen die Testosteron-Regel des IAAF zu kämpfen. Nun spricht sie darüber, wie sehr dieser Kampf an ihr gezehrt hat.
«Der Weltverband hat mir meine besten Jahre gestohlen. Es war ein Raub am helllichten Tag», erzählt die Südafrikanerin der deutschen «Sportschau». Damit spricht sie nicht nur ihre sportliche Karriere an. Um ihren von Natur aus hohen Testosteronspiegel auf das erlaubte Level zu senken, nahm Semenya Hormone ein, die ihr schwer zusetzten. «Es war die Hölle. Die Hormone verändern deine Gefühle und deinen Körper, du fühlst dich jeden Tag schwach und krank.» Die Leichtathletin erzählt von Panikattacken, Gewichtszunahme und Schweissausbrüchen in der Nacht.
Ihr Kampf geht weiter
Die zweifache Olympiasiegerin bezeichnet die Medikamente als Gift. Doch es war für sie der einzige Weg, an Wettkämpfen teilzunehmen. «Ich war hoffnungslos und verzweifelt. Das ist nicht das Leben, das man haben will.» Erst als die Testosteron-Regel des IAAF 2015 erfolgreich ausgesetzt wurde, fühlte sich Semenya wieder lebendig, «befreit von der Unterdrückung», wie sie sagt.
Und obschon sich die dreifache Weltmeisterin von der Leichtathletik verabschiedet hat, ist ihr Kampf um Anerkennung noch nicht vorbei. Noch immer ist ihre Klage gegen den Weltverband und die Testosteron-Regel am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hängig. Caster Semenya ist überzeugt, im Recht zu sein: «Wäre ich ein Mann, wäre ich bei den Männern gestartet. Doch ich kenne meine Identität. Ich bin eine Frau. Man kann mir verbieten, Wettkämpfe zu bestreiten, aber nicht, als Individuum zu leben.»