BLICK: Haben Sie schon realisiert, was sie am Freitag geleistet haben?
Ajla Del Ponte: Einerseits schon, ich habe es wohl verstanden. Aber andererseits auch noch nicht ganz. Ich habe auch die ganze Nacht nicht geschlafen, auch wenn ich sehr müde war. Dieser Sieg ist etwas sehr spezielles.
Erst zwei Schweizerinnen (Lea Sprunger und Nicole Büchel) haben schon in der Diamond League gewonnen, es ist eine historische Leistung. Was bedeutet Ihnen das?
Ich wusste das nicht einmal bis gestern Abend. Es ist ein riesiger Schritt. Ich wollte in die Top 3 in Monaco, das war das Ziel. Und ich wusste, dass ich gute Karten für einen Sieg habe. Aber ich wusste auch, dass Erfahrung dazugehört. Dass es gleich beim ersten Mal in der Diamond League klappt, ist sehr cool.
Worauf sind Sie besonders stolz?
Ich bin zufrieden, dass ich wieder eine 11,10er Zeit gelaufen bin. Ich laufe konstant, das ist gut. Aber am stolzesten bin ich auf meine Einstellung. ich hatte keine Angst, zu gewinnen. Ich hatte wirklich ein gutes Mindset, das freut mich sehr.
Haben Sie gefeiert?
Nein. Nach dem Auslaufen ging ich essen und dann ins Bett. Nächste Woche habe ich wieder zwei Wettkämpfe. Zuerst am Mittwoch in Polen und dann am Sonntag in Stockholm, also wieder in der Diamond League.
Wenn vor einem Jahr jemand zu Ihnen gesagt hätte, Sie gewinnen in Monaco, was hätten Sie gedacht?
Ich hätte das nie für möglich gehalten. Vor einem Jahr war die Schweizer Meisterschaft und ich war noch nie so total ausser Form wie da. Ich war Vierte und sehr enttäuscht. Es war ein Tiefpunkt. Das jetzt ist ein riesiger Unterschied. Aber es zeigt, wenn man wirklich etwas will und an seine Träume glaubt, dann kann es klappen.
Was hat sich geändert?
Damals war für mich vieles neu, weil mein Trainer Laurent Meuwly nach Holland ging. Es war nicht einfach für mich, das viele Reisen, die vielen neuen Erfahrungen. Jetzt kenne ich schon alles und weiss, wohin ich gehe. Und ich wollte so eine Enttäuschung wie letztes Jahr nie wieder erleben. Das war eine grosse Motivation.
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Marie-Josee Ta Lou, die Sie gestern geschlagen haben, hat viele WM-Medaillen zu Hause. Verändern sich nun Ihre Ziele? Was ist für Sie alles drin?
Es ist ein spezielles Jahr und ich weiss nicht, wie viel die Konkurrenz wegen der Pandemie trainiert hat. Aber das Resultat bringt mir Respekt für die eigenen Leistungen. Das war bei mir nicht immer so. 2018 war meine erste WM, in der Halle in Birmingham. Und ich fühlte mich, als ob ich nicht dorthin gehören würde. Daran habe ich gearbeitet.
War das der wichtigste Punkte auf dem Weg zur Weltspitze?
Ich habe seit Herbst 2018 viel mental gearbeitet und das hat viel ausgemacht. Aber ich bin jetzt in Holland und arbeite mit einer viel professionelleren Einstellung und ich ordne dem Sport wirklich alles unter.
Jetzt haben Sie etwas geschafft, was noch nicht einmal Mujinga Kambundji geschafft hat. Ist es toll, aus ihrem Schatten treten zu können?
Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass ich in Mujingas Schatten stand. Ich habe immer meine Sachen gemacht und muss meine eigene Entwicklung machen.
Wie ist Euer Verhältnis?
Wir sind Freundinnen. Ich freue mich immer sehr, mit ihr zu laufen und es motiviert auch. Sie ist natürlich auch ein grosses Vorbild für mich und ich hoffe, dass sie sich gut erholen kann von ihrer Verletzung, wegen der sie nicht in Monaco war.
Die Schweiz kann sich auf alle Fälle auf Top-Duelle auf höchstem Niveau zwischen Ihnen freuen.
Ich würde mich auch auf ein Duell auf absoluter Spitzenebene freuen. Das wäre cool. Es ist auch immer schön, Konkurrenz zu haben. Wir kennen das in der Staffel und fühlen es seit ein paar Jahren. Wenn eine ein gutes Niveau hat, dann können die anderen immer nachziehen. Das ist sehr wichtig im Sprint.
Hat sie Ihnen schon geschrieben?
Ich denke nicht. Aber es sind so viele Nachrichten. Sogar der CEO von Puma hat mir geschrieben. Oder Leute die sagten, wie das ganze Dorf hinter mit stand. Es ist sehr schön, wie sich die Leute freuen. Das gibt viel positive Energie.