Der Mann ist ultraschnell unterwegs. Jason Joseph hat über 110 m Hürden dieses Jahr seinen eigenen Schweizer Rekord bereits gebrochen. Wann der 1,93-m-Modellathlet seine Bestmarke von 13,34 Sekunden weiter nach unten verschiebt, scheint nur eine Frage der Zeit.
Aber auch abseits der Tartanbahn glänzt der Baselbieter mit flotter Sohle: Er sammelt Turnschuhe. Dutzende von Sneakers stapeln sich in und vor seinem Zimmer in Oberwil BL, wo Joseph mit seiner Mutter lebt. «Ich liebe Schuhe», sagt er. «Vor ein paar Jahren hat das angefangen. Und jetzt leiste ich mir regelmässig schöne Stücke.»
«Menschen drehen sich nach mir um»
Das teuerste Paar hat ihn eine hübsche Summe gekostet. «Für ein Paar Jordans, die in Kollaboration mit der Marke Off-White entstanden sind, habe ich 1400.- Franken bezahlt», sagt er. Nun gibt es Schuhsammler, die ein solches Paar fein säuberlich aufbewahren und ausstellen würden. Joseph tickt anders. «Meine Schuhe sind zum Tragen da», sagt er. «Ich ziehe alle an. Auch wenn sie an Wert gewinnen würden, wenn man sie eines Tages unbenutzt weiterverkaufen würde. Damit könnte man ein kleines Vermögen verdienen. Manche werden erst für einen besonderen Anlass hervorgeholt. Aber ich ziehe sie früher oder später an, schliesslich habe ich Freude daran.»
Das gilt auch für seine Umwelt. «Es kommt vor, dass sich vor allem jüngere Menschen nach mir umdrehen. Nicht weil sie mich kennen – sondern weil sie meine Schuhe sehen und toll finden», sagt er. Das könnte sich dereinst ändern. Kaum einem Schweizer Leichtathleten wird eine derart erfolgreiche Zukunft vorhergesagt. «Er ist einer, der uns mit seinen tollen Leistungen und mit seiner positiven Ausstrahlung noch viel Freude machen wird», sagt Philipp Bandi, Leistungssport-Chef bei Swiss Athletics, über den U23- und U20-Europameister.
Die Erwartungen sind riesig. Bandi: «Aus gutem Grund haben wir ihn bei Swiss Athletics ins Fördergefäss World Class Potentials aufgenommen. Er hat für den Hürdenlauf ideale körperliche Voraussetzungen und ein gutes Umfeld. Wenn er gesund bleibt und seinen Weg konsequent weitergeht, wird er an internationalen Meisterschaften bei der Elite in Zukunft um die Podestplätze mitkämpfen.»
Schweizer Quartett in Monaco
Am Freitag darf Joseph sein Riesenpotential in Monaco zum ersten Mal bei einem Diamond-League-Meeting im Ausland unter Beweis stellen. Neben Sprinterin Ajla del Ponte, Hochspringerin Salome Lang und 10'000-m-Mann Julien Wanders gehört er zum Schweizer Quartett, das im Fürstentum an den Start geht.
In welchen Schuhen eigentlich? Die Auswahl ist nicht so gross: Es gibt ein Paar Nike-Nagelschuhe in Blau und eines in weiss. Die Entscheidung doch nicht so leicht. «Das Blaue würde besser zum Dress passen», sagt er breit grinsend. «Aber das Weisse ist momentan ein bisschen bequemer.» Nur eines weiss er schon jetzt, egal ob in weiss oder in blau: «Ich gehe nach Monaco, um mitzumischen. Hinterherlaufen will ich da garantiert nicht.»