Schulter, Bizeps, Knie und Nase – es gibt kaum ein Körperteil, an dem sich Nationalspieler Cédrie Tynowski seit Oktober 2019 nicht operieren lassen musste. Und doch sagt der 24-jährige Flügel von Pfadi Winterthur, er fühle sich heute so fit wie schon lange nicht mehr.
Seine Leidensgeschichte mit vier Operationen innerhalb von acht Monaten beginnt letzten Herbst mit der Verletzung an der Wurf-Schulter. Für Tynowski selbst ist da bereits klar, dass die EM im Januar ohne ihn stattfinden wird. «Es war schon schwierig, dieses historische Erlebnis zu verpassen. Mental hat es aber sicher geholfen, dass ich mir keine falschen Hoffnungen auf eine Teilnahme gemacht und früh damit abgeschlossen habe», sagt er.
Just als er im Frühjahr wieder zu alter Form findet, schlägt das Schicksal erneut zu: Im Training reisst bei einer alltäglichen Abwehraktion der Bizeps. «Da habe ich mich schon gefragt, ob mein Körper vielleicht nicht für den Spitzensport gemacht ist.» Wegen Kniebeschwerden und Atemproblemen lässt er sich während der Bizeps-Reha auch gleich noch am Meniskus und an der Nasenscheidewand operieren.
«Bei jeder Verletzung kommt einmal der Moment, in dem du an den Rücktritt denkst», gibt Tynowski zu. «Aber dann stehst du wieder in der Halle und merkst, wie viel Freude dir der Handball und die Erfolge mit dem Team bringen.»
«Schicksal nicht herausfordern»
Obschon er im Alltag schmerzfrei ist, macht sich der Bülacher keine Illusionen: «Die nächste Verletzung kann immer die eine zu viel sein. Ich möchte das Schicksal nicht herausfordern.» Mit einem BWL-Studium an der Fernfachhochschule Regensdorf und einem 40-Prozent-Pensum beim Tiefbauamt der Stadt Winterthur bereitet er sich schon jetzt auf die Zeit nach dem Spitzensport vor.
Bis dahin verfolgt Tynowski aber ehrgeizige Ziele: Der Nati-Stammspieler geht fest davon aus, die verpasste EM noch nachzuholen. Und vor allem will er bei Pfadi weiter seine Leistung bringen. Die Winterthurer sind fast wie gewohnt auch in dieser speziellen Situation die ersten Kadetten-Jäger. «Wir können froh sein, dass die Handball-Saison im Vergleich mit anderen Sportarten noch kaum von Corona beeinträchtigt wurde», sagt Tynowski. «Sportlich wird aber vieles davon abhängen, wer zu den Playoffs im Frühling fit ist.» Dies weiss wohl niemand besser als er.