Wie wenn einem jemand den Teppich unter den Füssen wegziehen würde. So hätte sich das für Spitzenhandballer Gino Delchiappo (25) anfühlen können. Mit Verdacht auf Lymphdrüsenkrebs wurde er untersucht. Die Diagnose war zum Glück nicht eine Krebserkrankung. Aber die seltene Krankheit namens Sarkoidose, die ihn auf noch unbestimmte Zeit ausser Gefecht setzen wird.
Ausgerechnet in dieser Situation lief der Vertrag des Kreisläufers bei HC Kriens-Luzern aus. Doch statt eines weggezogenen Teppichs erhält der 1,94 m grosse Handballer viel Halt. In dieser ungewissen Situation stattet der Playoff-Finalist Kriens-Luzern sein Eigengewächs mit einem neuen Vertrag für die kommende Saison aus.
«Es ist schwierig, aber das gibt mir die Kraft»
Immerhin bezüglich der sportlichen Situation muss sich Gino Delchiappo aktuell keine Sorgen mehr machen. Mit einer Woche Abstand auf die Unterschrift äussert er sich gegenüber Blick dazu, wie viel ihm die Vertragsverlängerung bedeutet: «Ich habe mich extrem gefreut. Aktuell ist es schwierig für mich, aber das gibt mir die Kraft, mich zurückzukämpfen.» Seit 2017 spielt der 25-Jährige in der ersten Mannschaft, davor erlernte er bei seinem Heimatklub am Fusse des Pilatus das Handball-Abc. Seit er acht Jahre alt ist, läuft er für Kriens auf – seit fast 20 Jahren.
Delchiappo erklärt, dass nach der Diagnose extrem viel Unklarheit herrschte. Auch bei den Medizinern. Seine Krankheit ist so selten, dass auch sie nicht viel Erfahrung damit gehabt hätten. Nach einigen Abklärungen sehe er nun zwar etwas Licht am Ende des Tunnels. Wann er aufs Feld zurückkehren kann, sei aber immer noch nicht abzuschätzen. Hoffnung besteht, dass er mit dem neuen Vertrag im Sack im Sommertraining an seinem Wiederaufbau arbeiten kann. Nur eine schöne Geste ist die Verlängerung auch aus Sicht des Klubs nicht, gemäss Sportchef Nik Tominec zählten beim Entscheid «sportliche Überlegungen und der Faktor Mensch».
Die seltene Krankheit äussert sich in Form von Knoten
Der HCKL erklärt, worum es sich bei der Krankheit Sarkoidose genau handelt. Sie äussere sich in Form von entzündeten Knoten und trete vorwiegend zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf. Es handle sich nicht um eine Infektionskrankheit, sondern um eine Überreaktion des Immunsystems. Aufgrund der Symptome mit den entzündeten Knoten bestand der Verdacht auf Lymphdrüsenkrebs, mit dem Teamkollege Dimitrij Küttel (30) vor drei Jahren konfrontiert wurde und den er besiegte.
Trotz der Erholung, die für Delchiappo auch mit der seltenen Krankheit ansteht: Das grosse Highlight seines Heimatklubs will er in dieser Situation nicht verpassen. Abstand vom Playoff-Final gegen die Kadetten, der am Pfingstmontag mit Spiel eins in Schaffhausen beginnt, brauche er nicht. «Ich will an jedem Spiel auf der Tribüne dabei sein», sagt er.
Delchiappo gehört also immer noch voll zum Inventar seines Heimatklubs. Auf dem Papier – und wohl noch viel mehr auf emotionaler Ebene.