«Von schnell über sprung- zu wurfgewaltig – wir haben alles»
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Captain Kündig über Heim-EM:«Von schnell über sprung- zu wurfgewaltig – wir haben alles»

«Die Däninnen sind in der unangenehmen Position»
Nati-Captain Kündig erklärt Handball-Grossmacht Dänemark

Die Schweiz im Handballfieber? Rund 5500 Fans werden am Sonntag in der Basler St. Jakobshalle an der Heim-EM gegen Dänemark (18 Uhr) zur zweiten Partie sein. Wie Handballfieber auch aussehen kann, weiss Nati-Captain Kerstin Kündig. Sie spricht über ihr Abenteuer.
Publiziert: 01.12.2024 um 12:05 Uhr
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Aktualisiert: 01.12.2024 um 14:37 Uhr
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Kerstin Kündig strahlt: Die Heim-EM ist ein riesiges Highlight für die 31-jährige Zürcher Oberländerin.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Herkulesaufgabe für die Schweiz an Heim-EM in Basel
  • Gegner Dänemark fährt mit einem eigenen TV-Studio auf
  • Nati-Captain Kündig berichtet vom Dänen-Abenteuer
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Simon StrimerReporter & Redaktor Sport

Es ist immer wieder beeindruckend, wie es Dänemark als kleines Land mit rund sechs Millionen Einwohnern schafft, im Sport ganz vorne dabei zu sein. Auch im Frauen-Handball. Der WM-Dritte von 2023 ist in Basel am Sonntag Gegner der Schweizerinnen. Die Schweiz wirkt mit bald 9 Millionen Einwohnern im Vergleich fast gross.

Doch haushoher Favorit ist Dänemark. Eine Handball-Nation durch und durch. So ist der Schweizer Nati-Kapitänin Kerstin Kündig (31) in der für die EM herausgeputzten St. Jakobshalle, in der rund 5500 Fans sein werden, bereits in den Tagen vor dem Auftakt aufgefallen: «Es gibt hier in der Halle ein einziges Fernsehstudio, das für die EM aufgebaut wurde. Dieses ist dafür sehr gross. Und wem gehört es? Dänemark.»

Vor zwei Jahren lebte Kündig, die 94-fache Nationalspielerin, in Dänemark ihren Handball-Traum. «Für mich ist das wie Real Madrid für einen jungen Fussballfan.» Gemeint war der Klub in Viborg, wo sie im Sommer 2022 hingewechselt hatte. Mittlerweile spielt sie wieder bei Thüringen in der deutschen Bundesliga. Zurück bei ihrem ersten Auslandsklub.

Die besonderen Erinnerungen als Handball-Profi in Dänemark kramt sie gerne hervor. Dabei wird deutlich, welche Handball-Welten beim Duell in Basel aufeinanderprallen:

  • «Gefühlt jede Woche werden auch Frauenhandballspiele im Haupt-TV von Dänemark ausgestrahlt.»
  • «Wenn man auf der Strasse gefragt wird und sagt, man spiele Handball, dann fragt niemand, was der wirkliche Beruf sei. In der Schweiz kommt diese Frage ständig als Zusatz.»
  • «Schon das Schulsystem ist darauf ausgelegt, im Sport gefördert werden zu können. Es gibt Schulteams und dadurch später viel mehr Mädchen, die Handball spielen.»
  • «Die Däninnen spielen in ihren Vereinen im In- und Ausland fast alle auf internationalem Topniveau. Das fehlt uns in diesem Ausmass. Ihre Spielerinnen spielen seit Jahren in der Champions League – und da vorne mit. Sie müssen sich jedes Wochenende auf extrem hohem Niveau beweisen, seit ihren Debüts, die sie teilweise mit 18, 19 Jahren in der obersten Liga geben.»
  • «Sie spielen einen sehr schönen, dynamischen Handball und sind immer ein Medaillenkandidat. Ich hoffe, dass wir uns am Sonntag gut behaupten gegen Dänemark. Aber auch, dass die Schweizer Fans begeistert sind, wie dynamisch man Handball spielen kann, wenn sie den Däninnen zuschauen.»

Welche Chance hat die Schweiz am Sonntag im Duell der beiden Auftaktsieger überhaupt? «Wir sind für sie ein unangenehmer Gegner, weil wir eine aufstrebende Mannschaft sind», erklärt Kündig. «Und wir haben in den letzten paar Monaten viele EM-Teilnehmer schlagen können. Die Däninnen sind in der unangenehmen Position, dass sie gewinnen müssen – wir können.»

Das Dänemark-Abenteuer war schnell vorbei

Nur ein halbes Jahr lang verfolgte Kündig 2022 ihren Traum in Dänemark. Dann kam trotz Zweijahresvertrag der Blitz-Transfer zurück nach Deutschland. Warum? Ihr Klub Viborg hatte grosse finanzielle Probleme – da kam das Angebot des deutschen Champions-League-Klubs Bietigheim genau richtig.

Kündig: «Innerhalb von vier Tagen wieder auszuwandern, war definitiv nicht mein Traum. Aber in diesem Moment war es sinnvoll. Ich wusste ja nicht, ob ich 20 Tage später sonst ohne Verein dagestanden hätte.» Sie wurde mit ihrem neuen Klub Meister. Dann folgte der Wechsel zurück zu Thüringen, wo man voller Freude von einer «kleinen Transferbombe» sprach.

«Nur Profi? Zu langweilig!»

Längst nicht alles dreht sich bei Kündig um Handball. «Ich muss ehrlich sagen, es war mir extrem langweilig, nur Profi zu sein.» Das war vor zwei Jahren nach ihrem Masterabschluss an der ETH in Medizintechnik. Nach dem Abschluss mit der Masterarbeit im Bereich Alzheimer-Forschung folgte der Auslandswechsel. 

«Schon nach zwei Monaten habe ich meinem Trainer gesagt, dass ich nicht nur Profi sein kann», erzählt sie. «Er hat zu Beginn aber darauf bestanden. Doch ich brauchte etwas für den Kopf.» So packte sie ein Wirtschaftsfernstudium an. Dazu einen Job beim Schweizer Handballverband im Departement Leistungssport. «Studium, Arbeiten, Handball, so ist es perfekt», lacht sie. Während der EM darf sie sich natürlich auf den Sport fokussieren.

Schweiz auf gutem Weg – dieser ist aber lang

Dänemark ist also meilenweit voraus. Aber die Schweiz bleibt dran: «Wir sind viele, viele Schritte weiter als noch vor ein paar Jahren. Wenn wir diesen Weg noch zehn Jahre weitergehen, sind wir dann vielleicht 30 Spielerinnen im Ausland, dann 35. Mit dieser Breite hoffe ich, es irgendwann in die erweiterte Weltspitze oder sogar an die Weltspitze schaffen zu können.»

Wie nah unsere Nati an einem einzelnen Wettkampftag an die Handball-Grossmacht herankommen kann? Am Sonntag gibts Klarheit – und obwohl sich die Dänen in der St. Jakobshalle eingenistet haben – mit Heimvorteil für die Schweiz.

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