Beide Schweizer Handball-Nationaltrainer an einem Tisch – wie regelmässig tauschen Sie sich aus?
Knut Ove Joa: Bis jetzt noch nicht oft, abgesehen von einigen WhatsApp-Chats. Ich habe ja erst vor einem guten Jahr angefangen, Andy sogar noch später. Und der Fokus bei den Frauen liegt auf der Heim-EM. Aber so ein Austausch tut gut, um etwas über den Tellerrand hinauszuschauen.
Andy Schmid: Natürlich würde man sich das öfter wünschen. Eine andere Perspektive zu hören, kann hilfreich sein. Es ist alles eine Frage der Zeit.
Sie haben die Heim-EM gleich angesprochen. Wie kann eine Randsportart nachhaltig von einem Turnier im eigenen Land profitieren?
Joa: Hoffentlich können wir mehr junge Spielerinnen für den Handball begeistern. Soviel ich weiss, sind nur 31 Prozent der lizenzierten Handballer in der Schweiz weiblich. Damit liegen wir noch hinter Top-Nationen wie Norwegen.
Je zweimal Meister in der Schweiz und Deutschland, DHB-Pokalsieger und fünffacher Bundesliga-MVP, Nati-Rekordtorschütze – Schmid war als Aktiver der Schweizer Ausnahmehandballer schlechthin. Letzten Frühling wechselte der 41-jährige Luzerner direkt nach seinem Rücktritt ins Amt des Nationaltrainers. Er wird die Männer-Nati an der WM 2025 in Dänemark coachen. Sein Vertrag läuft bis und mit Heim-EM 2028.
Je zweimal Meister in der Schweiz und Deutschland, DHB-Pokalsieger und fünffacher Bundesliga-MVP, Nati-Rekordtorschütze – Schmid war als Aktiver der Schweizer Ausnahmehandballer schlechthin. Letzten Frühling wechselte der 41-jährige Luzerner direkt nach seinem Rücktritt ins Amt des Nationaltrainers. Er wird die Männer-Nati an der WM 2025 in Dänemark coachen. Sein Vertrag läuft bis und mit Heim-EM 2028.
Wird der Effekt eines Heimturniers nicht überschätzt?
Joa: Da muss man ehrlich sein: Es geht nur mit guten Resultaten. Schaffen wir es mit der Nati in die Hauptrunde, steigt die Aufmerksamkeit von Medien und Fans und Handball bleibt länger ein Gesprächsthema.
Schmid: Die EM kann einen Push geben. Danach liegt der Ball beim Verband und den Vereinen, indem sie Kinder zum Handball bringen. Es sind alle gefragt, dies nachhaltig zu gestalten.
Was muss passieren, damit die EM ein Erfolg ist?
Joa: Wie Andy gesagt hat: Möglichst viele Spielerinnen müssen nach der EM den Sprung in den Profi-Handball schaffen. Nur so profitieren die Nati und auch die Schweizer Liga.
Sie wurden beide stark vom skandinavischen Handball geprägt, der bei den Frauen und den Männern das Mass der Dinge ist. Was können wir von den Skandinaviern lernen?
Schmid: Vieles.
Und konkret?
Schmid: Einer der grössten Unterschiede ist das Schulsystem. Kinder kommen dort früher in Kontakt mit Handball. Das können wir nicht sofort ändern. Zudem ist die Infrastruktur anders, Hallen sind offen. Als ich letzte Saison bei Kriens war, hatten wir Training bis 13.15 Uhr und um 13.14 Uhr stand der Hausmeister bereit, um zu putzen und abzuschliessen. Und – Knut, du korrigierst mich – sie beginnen in einem späteren Alter mit der Talentselektion. Bis zu einem gewissen Alter spielen die Kinder einfach Handball und haben diesen Druck noch nicht.
Joa: So ist es. Meine beiden Buben, sie sind 9 und 11, spielen beide Fussball und Handball. Im System hats für alle Platz. Es gibt keine Selektion. Auch wenns natürlich ambitionierte Trainer hat.
Der 47-jährige Norweger ist seit Sommer 2023 Trainer der Nati-Handballerinnen. Seine Spielerkarriere musste er mit 23 Jahren wegen einer schweren Rückenverletzung beenden. Nun führt Joa die Schweizerinnen an die Heim-EM in Basel, die am Donnerstag beginnt. Er wohnt mit seiner Frau, einer ehemaligen Profi-Handballerin, und den beiden gemeinsamen Söhnen in Stavanger.
Der 47-jährige Norweger ist seit Sommer 2023 Trainer der Nati-Handballerinnen. Seine Spielerkarriere musste er mit 23 Jahren wegen einer schweren Rückenverletzung beenden. Nun führt Joa die Schweizerinnen an die Heim-EM in Basel, die am Donnerstag beginnt. Er wohnt mit seiner Frau, einer ehemaligen Profi-Handballerin, und den beiden gemeinsamen Söhnen in Stavanger.
Was hat Sie überrascht, seit Sie in der Schweiz arbeiten?
Joa: Was bei uns in Norwegen ganz anders ist: Wenn sich ein Jugendlicher für Handball entscheidet, gibt er alles dafür. Klar wird die Schule noch weitergemacht. Aber der Fokus liegt zu 100 Prozent auf dem Sport.
Schmid: Dadurch, dass sie mehr Spieler haben, gibts in anderen Ländern eine natürliche Selektion. In der Schweiz haben wir zu wenig Breite, dadurch ist dieser natürliche Druck, sich zu entwickeln, deutlich geringer. In Deutschland ist das anders. Da geben die Spieler auf den Positionen 16 bis 18 alles, weil sie sonst nicht mehr dabei sind. Dann sind wir wieder beim Punkt, dass wir mehr Kinder zum Handball bringen müssen. Dies muss über die Schulen und Vereine passieren. Und wir brauchen mehr Trainerinnen und Trainer, die Kindern im jungen Alter die Leidenschaft für den Handball vermitteln. Nur so bleiben sie dran, wenn ab 15 oder 16 nicht alles nach Plan läuft.
Joa: Sie dir Island an. Sie haben bezahlte Trainer bis runter in den Nachwuchs. Deshalb bringen sie als kleines Land so viele Profis raus.
Schmid: Vereine sollten noch mehr in die Jugendförderung und ihre Trainer investieren. Langfristig zahlt sich das aus.
Es gibt Männer, die Frauen-Teams trainieren. Das Gegenteil sieht man im Handball kaum. Wieso?
Joa: Frauen können genauso gute Trainer sein wie Männer. Generell konzentrieren sie sich nach ihrem Rücktritt als Spielerinnen mehr auf den Beruf oder das Familienleben, statt eine Trainerlaufbahn zu starten. Das ist vielleicht eine Frage der Mentalität.
Kann sich Andy Schmid vorstellen, ein Frauen-Team zu coachen?
Schmid: Ehrlich gesagt, habe ich nie darüber nachgedacht. Aber letztendlich geht es um Handball, um Führung, um taktische Dinge und um soziale Aspekte. Warum also nicht?
Gibt es Grenzen für den Schweizer Handball? Oder ist es möglich, dass wir einmal um eine Medaille spielen?
Joa: Es gibt einfach so viel zu verbessern. Die Länder, die jetzt oben stehen, haben ganz lange und ganz hart gearbeitet. Das Beeindruckendste ist, wie sie dort bleiben. Bei uns muss noch viel passieren, um dort hin zu kommen.
Schmid: Bei den Männern halte ich das im Moment nicht für realistisch. So ehrlich müssen wir sein. Ich bin kein Träumer. Natürlich habe ich Ziele, will die Lücke zu den besten Nationen schliessen. An einem perfekten Tag können wir gegen die besten Nationen mithalten oder auch punkten. Aber eine Woche nachdem uns Deutschland den Hintern versohlt hat, will ich von uns nicht als Medaillenkandidat sprechen. (lacht)
Freitag, 29. November, 18 Uhr, Färöer – Schweiz
Sonntag, 1. Dezember, 18 Uhr, Schweiz – Dänemark
Dienstag, 3. Dezember, 20.30 Uhr, Kroatien – Schweiz
Alle Spiele finden in der St. Jakobshalle statt.
Freitag, 29. November, 18 Uhr, Färöer – Schweiz
Sonntag, 1. Dezember, 18 Uhr, Schweiz – Dänemark
Dienstag, 3. Dezember, 20.30 Uhr, Kroatien – Schweiz
Alle Spiele finden in der St. Jakobshalle statt.