Die Fifa wagt an der Weltmeisterschaft in Katar einen grossen Schritt: Sie bot drei Schiedsrichterinnen auf. Während die Uefa bei der letztjährigen Europameisterschaft die Nomination von Spielleiterinnen erst gross ankündigte, diese schliesslich aber nur als vierte Offizielle einsetzte, lässt der Weltverband nun die Frauen die Spiele als Hauptschiedsrichterinnen leiten.
Blick stellt die drei Debütantinnen vor.
Stéphanie Frappart: Die Pionierin
Der wohl bekannteste Name unter den dreien ist Stéphanie Frappart. Die 38-jährige Französin hat sich im europäischen Spitzenfussball schon längst etabliert. So war sie die erste Frau, die jeweils ein Ligue-1-Spiel, ein Champions-League-Spiel als auch ein WM-Qualifikationsspiel pfiff. Den wohl bekanntesten Auftritt hatte Frappart Anfang November beim Champions-League-Spiel zwischen Real Madrid und Celtic Glasgow. Vor 52'000 Zuschauer pfiff sie im Bernabeu gleich drei Elfmeter in einer Halbzeit, nach der Partie wurde sie von vielen Seiten für ihre Leistung gelobt.
In ihrer Karriere kommt sie bisher im Männer- und Frauenfussball auf 231 geleitete Spiele. Die Geschlechter spielen für sie keine Rolle, sagte Frappart einst: «Der Fussball ist derselbe, die Regeln sind dieselben». Auf die Frage, ob sie nicht manchmal Angst habe, wenn sie den Rasen bei einem Männerspiel betritt, antwortete sie: «Wir trainieren die ganze Zeit. Wir haben keine Angst, wir sind immer bereit». Eine furchtlose Pionierin eben.
Salima Mukansanga: Schiri sein war zweite Wahl
Die Zweite im Bunde ist Salima Mukansanga aus Ruanda. Die 34-Jährige hat einen Bachelor in Medizin und schrieb Anfang des Jahres afrikanische Fussballgeschichte. Sie war nämlich die erste Frau, die ein Spiel im Afrika Cup der Männer pfiff. Das Leiten von Spielen war anfangs jedoch nicht ihre erste Wahl. In jungen Jahren wollte Mukansanga nämlich Basketball-Spielerin werden, jedoch hatte sie laut eigener Aussage zu wenig Zugang zu professionellen Anlagen.
So pfiff sie einst ein Spiel beim Schülerturnier ihrer damaligen Schule, entdeckte dadurch die Leidenschaft fürs Pfeifen und arbeitete sich nach und nach hoch. Von Spielen in unteren afrikanischen Ligen, über Partien der Frauen-Champions-League bis hin zu ihrem geschichtsträchtigen Auftritt beim Afrika Cup. Und jetzt wartet in Katar die grösstmögliche Bühne des Weltfussballs. Für Mukansanga geht dabei ein unvorstellbarer Traum in Erfüllung. Gegenüber «Focus» sagt sie, sie hätte immer von der Frauen-WM geträumt, ans Männer-Turnier hätte sie gar nicht erst gedacht.
Ausserdem will sie ein Vorbild für junge Frauen sein: «Lasst euch von niemandem sagen, dass ihr es nie schaffen werdet», so die Unparteiische.
Yoshimi Yamashita: Zwischen Mensch und Roboter
Aus Japan kommt die dritte Schiedsrichterin der WM: Yoshimi Yamashita ist 36 Jahre alt und absolvierte 2012 ihre Klasse-1-Schiedsrichter-Lizenz. Sie gilt als ruhige, ausgeglichene Spielleiterin, die wenig Karten verteilt. Im vergangenen Jahr debütierte sie in der heimischen J-League, ausserdem leitete sie Spiele an der Frauen-WM 2019 und den Olympischen Spielen 2021. Die Weltmeisterschaft in Katar wird somit ihre Premiere auf der wirklich grossen Bühne des Männerfussballs.
Auf die Frage, ob sie aufgeregt sei, antwortete Yamashita: «Natürlich ist der Druck gross, und mir ist bewusst, dass ich eine grosse Verantwortung trage». Dass ihre Leistung dadurch geschmälert wird, glaube sie aber nicht. Sie sagt, an der WM wolle sie etwas «zwischen Mensch und Roboter sein». «Ich will die Regeln anwenden wie eine Maschine und meine Entscheidungen möglichst menschlich kommunizieren können». In ihrer Heimat ist Yamashita bereits ein grosser Name, nach der Weltmeisterschaft in Katar wird sie auch im internationalen Fussball ein Begriff sein.
Welche Spiele die drei Frauen an der WM leiten werden, ist noch unklar. Es wird spannend zu sehen sein, für welche Partien sie von der Fifa zugeteilt werden. Und wer weiss: Bei entsprechenden Leistungen sehen wir vielleicht schon bald eine Schiedsrichterin im WM-Final. (bjl)