220 Milliarden Dollar hat es sich Katar laut «Forbes» kosten lassen, die Fussball-WM abzuhalten. Das ist doppelt so viel wie die acht letzten WM-Endrunden zusammen. Die arabische Welt feiert diesen historischen Moment in der Geschichte, berichtet der in Katar ansässige Nachrichtensender «Al Jazeera». Dieser Stolz hat offenbar Grenzen.
Die zweite Halbzeit der Eröffnungspartie Katar gegen Ecuador hat noch nicht begonnen, da ist das prächtige, 67'372 Zuschauer fassende Al-Bayt-Stadion bereit halbleer. Fans lassen ihre Heimmannschaft fallen. Bloss ein 0:2-Rückstand, doch die Lust scheint dem Publikum bereits gründlich vergangen.
So einen Publikumsabmarsch hats bei einer WM-Partie höchstens einmal gegeben – und sicher noch nie bei einem Eröffnungsspiel. Vor acht Jahren in Brasilien, als Deutschland die Gastgeber förmlich mit 7:1 zertrümmerte, konnten viele Brasilianer den ultimativen Tag der Schande nicht länger ertragen. Schon in der Halbzeit lag die Seleção 0:5 zurück. Das Stadion in Belo Horizonte leerte sich.
Kamelrennen vs. Fussball
Der Zuschauerabmarsch in Doha war ganz anders. Zwar drohte Katar Geschichte zu schreiben, als erstes Gastgeberland in der Geschichte der Weltmeisterschaft das Eröffnungsspiel zu verlieren. Doch zur Pause lag man ja bloss knapp zurück, kein Grund zum Kopfhängenlassen im Fussball. Und weitere Vorrundenspiele gegen Senegal und die Niederlande stehen an. Da könnte das Heimteam doch etwas stürmischen Rückenwind gebrauchen.
Die arabische Welt feiert die WM-Eröffnung trotz all als Erfolg. Neben viel Spott und Häme in internationalen Medien rätseln diese, weshalb Katarer so wenig Begeisterung zeigen. Vielleicht passt Fussball so wenig in die katarische Wüstenwelt wie der dortige Nationalsport Kamelrennen in europäische Breitengrade.
Dank viel Geld kann Katar die WM austragen. Nicht käuflich scheint die Unterstützung der Bevölkerung für das eigene Team. (kes)